Ein Sonnen-Halo
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Risikoforscher: "Klimakrise schon sehr real“

Die Berichte des UNO-Weltklimarats haben – nicht zuletzt aufgrund des Krieges in der Ukraine – in den letzten Wochen wenig Aufmerksamkeit bekommen. Die Klimakrise sei aber „sehr real“, warnt der Risikoforscher Reinhard Mechler. Sie bedrohe nicht eine ferne Zukunft, sondern sei Gegenwart.

Klimawandel werde oft „eher als latente, zukünftige Krise und als abstraktes, globales Problem“ wahrgenommen, sagt der Risikoforscher Reinhard Mechler vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien. Dabei werde übersehen, dass sich wichtige Entscheidungsfenster schließen, in denen gehandelt werden muss.

Der IPCC-Bericht, der Ende Februar erschienen ist und an dem Mechler beteiligt war, zeige auf, „dass die Bedrohung sehr real ist“. Globale Erwärmung um 1,1 Grad habe schon heute weitreichende Konsequenzen für Ökosysteme und für Milliarden von Menschen. Am größten seien die Risiken dort, wo Arten und Menschen in der Nähe von thermischen Grenzen leben – etwa entlang von Meeresküsten und Flüssen.

IPCC-Bericht zeigt auf, aber schreibt nichts vor

Die Folgen der Klimaerwärmung würden schneller auftreten und seien zudem umfassender und gravierender als man noch vor 20 Jahren angenommen habe, heißt es im Weltklimabericht, an dem 270 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 67 Ländern mitgearbeitet haben. Die Klimafolgen würden einhergehen mit verheerenden Konsequenzen für die menschliche Lebensgrundlage.

„Der Bericht versucht konkrete Entscheidungssituationen für Länder, Städte und auch Ökosysteme zu identifizieren“, sagt Mechler. Wie alle Berichte des Weltklimarats stellte er keine Forderungen, sondern arbeitet „mit konditionaler Logik“, wie der Risikoforscher erklärt: Soll ein Risiko um soundso viel Prozent reduziert werden, dann müsse dieses und jenes unternommen werden. Diese politisch neutrale Sprache, die nichts vorschreibe, sei zwar eine Stärke der IPCC-Berichte, gleichzeitig aber auch eine Limitierung.

„Geopolitische Verwerfungen erschweren Arbeit“

So ermittelte der Bericht zum Beispiel, dass 30 bis 50 Prozent der global terrestrischen und ozeanischen Fläche geschützt werden müssen, wenn Ökosysteme stabilisiert und die Biodiversität geschützt werden solle. Derzeit seien es lediglich 17 Prozent bei der terrestrischen und zehn Prozent bei der ozeanischen Fläche. „Das Ziel wird auf der UNO-Biodiversitätskonferenz, die ab Ende April in Kunming in China stattfindet, thematisiert und verhandelt werden“, sagt Mechler. Was immer dort verabschiedet werden soll, müsse aber vorher gut vorbereitet werden – und das sei aufgrund der derzeitigen geopolitischen Verwerfungen „sehr, sehr schwierig“.

Ein Krieg, wie aktuell jener Russlands in der Ukraine, habe zudem immer auch direkte Auswirkungen auf das Klima: So geraten etwa Schutzzonen in Gefahr, die nicht nur ökologische Lebensadern sind, sondern auch wichtig für das Senken der Treibhausgase. Indirekt komme zudem ein Kreislauf hinzu: Armut erzeuge Konflikte, die wiederum zu Armut beitragen, so Mechler.

Reparatur der Zukunft

Veränderung beginnt im Kleinen, auch wenn sie das große Ganze im Blick hat. Dieser Satz steht für die Ö1-Initiative Reparatur der Zukunft. Ideen zum diesjährigen Schwerpunkt Klimainnovation können jetzt eingereicht werden.

Konkrete Folgen der Erwärmung

Für die Zukunft werde gerade herausgearbeitet, was der Klimawandel im Falle von verschiedenen globalen Erwärmungsgraden bedeute, erzählt der Risikoforscher. So steige im Korridor von 1,5 auf drei Grad das Aussterberisiko in Biodiversitäts-Hotspots mit der Erwärmung ungefähr um das Zehnfache. Und bei einer Erwärmung um zwei Grad werde der Klimawandel die Ernährungssicherheit zunehmend untergraben. So werden etwa um das Jahr 2050 Menschen in Subsahara-Afrika, Südasien, Mittel- und Südamerika und auf kleinen Inseln wahrscheinlich Nahrungsmittelknappheit in einem Ausmaß erleben, das zu Unterernährung führt.

Überschwemmungen Australien Queensland
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Starke Überschwemmungen gab es im Februar in Australien

Und während es in weiten Teilen Österreichs derzeit viel zu trocken ist, wurde in Australien erst vergangenen Monat der nationale Notstand aufgrund von katastrophalen Überschwemmungen ausgerufen. Die Infrastruktur in Teilen der Bundesstaaten Queensland und New South Wales sind völlig zerstört, Tausende verloren ihr Hab und Gut. Hingegen wurden im Westen Australiens vor wenigen Wochen noch Temperaturen von teilweise mehr als 50 Grad verzeichnet.