Bronzezeitliche Kupferschlacke aus Trnjane, Ostserbien
M. Mehofer, ÖAW
M. Mehofer, ÖAW
Balkan

Kupferimport trotz eigener Lagerstätten

In der Bronzezeit hat es auf dem Balkan reiche Lagerstätten von Kupfer gegeben. Sie wurden lange zur Herstellung von Schmuck und Waffen verwendet. Neue Analysen zeigen nun, dass dafür vor rund 3.600 Jahren plötzlich Kupfer aus Norditalien importiert wurde.

Diesen Import von Kupfer aus dem Trentino auf den Balkan in der Bronzezeit belegten österreichische Archäologen mittels Isotopenanalysen, wie sie im Fachblatt „PLOS ONE“ berichten.

Das Team von Mario Gavranović vom Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und Mathias Mehofer vom Vienna Institute for Archaeological Science (VIAS) der Universität Wien untersucht in einem seit 2019 laufenden, vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt mit verschiedenen Methoden die Metallkreisläufe in der Bronzezeit (etwa 2300 bis 800 v. Chr.) am Balkan. Dabei war vor allem der Handel mit Kupfer und Zinn, den wichtigsten Bestandteilen von Bronze, von Bedeutung, wie es in einer ÖAW-Aussendung heißt.

Isotopenanalyse verrät Herkunft

Das Verhältnis von in Kupfer vorkommenden Bleiisotopen verrät den Fachleuten, woher das Metall ursprünglich kam – „vorausgesetzt man hat die entsprechenden Daten der Lagerstätte“, sagte Gavranović im Gespräch mit der APA. In den vergangenen Jahren wurden solche Vergleichsdaten von zahlreichen Lagerstätten, wo man prähistorischen Abbau nachgewiesen hat, erhoben.

Auch in Ostserbien gibt es zahlreiche Kupfervorkommen, die schon früh abgebaut wurden. „Wir haben hier Siedlungen mit eindeutigen Verarbeitungsspuren freigelegt, etwa Schmelzplätze und unterschiedliche Schlackentypen, die einen mehrstufigen Erzverhüttungsprozess nahelegen“, so Gavranović. Und es wurden auch Bronzegegenstände aus der Zeit von etwa 2000 bis 1600 v. Chr. gefunden, die dieses lokale Kupfer enthielten.

„Aber dann hört das plötzlich auf“, so der Archäologe. Von 1500 bis etwa 900 v. Chr. kommen 95 Prozent des auf dem westlichen und zentralen Balkan verarbeiteten Kupfers aus dem Trentino und zu einem kleinen Teil aus dem Hochkönig-Mitterberggebiet in Salzburg.

Zusammenstellung von Metallgegenständen aus der Bronzezeit.
ÖAW/Mario Gavranović
Zusammenstellung von Metallgegenständen aus der Bronzezeit

Grund für neue Handelsbeziehung noch unklar

Dass in Norditalien Kupfer in großem Stil produziert wurde, wisse man schon aus früheren Studien. Das Metall aus Norditalien wurde in Bronzegegenständen in ganz Italien und teilweise auch in Griechenland nachgewiesen. Und erst kürzlich hätten Forscher aus Dänemark gezeigt, dass das norditalienische Kupfer in einem kleineren Ausmaß auch nach Zentral- und Nordeuropa gekommen ist, erklärte Gavranović, für den die Handelsbeziehungen mit dem Balkan aber völlig überraschend kamen.

Schlüssige Erklärungen für die neu entdeckten Handelsbeziehungen haben die Forscher noch keine. Die Lagerstätten in Ostserbien seien sicher nicht erschöpft gewesen, dort sei auch später noch, in der Antike und im Mittelalter abgebaut worden. Darüber hinaus gibt es in der Region zahlreiche andere Kupferlagerstätten, die offenbar nicht abgebaut wurden. Und Versuche mittels experimenteller Archäologie hätten auch keine Vorteile des norditalienischen Kupfers gegenüber dem lokalen Metall gezeigt.

Rekonstruktion der Route

Doch bevor sich die Archäologen Thesen als Erklärung für den Kupferimport überlegen, wollen sie zunächst einmal den Weg geografisch rekonstruieren, über den das Kupfer auf den Balkan kam. Helfen könnten dabei Kupferbarren aus sogenannten „Hortfunden“. Gavranović: „In der Spätbronzezeit wurden oft europaweit hunderte bis tausende Metallgegenstände und -barren vergraben, wobei man lange Zeit dachte, dass Menschen dies versteckt haben, weil sie vielleicht fliehen mussten.“ Mittlerweile gehe man aber eher von Opfergaben aus, die mit religiösen Vorstellungen verbunden sind.

Weil es sehr viele solcher Hortfunde gibt, hoffen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler herauszufinden, wo es Barren mit italienischem Kupfer gibt, und so die Handelsroute zu rekonstruieren. Unklar ist auch noch, wie lange das italienische Kupfer benutzt wurde. Denn auch in der Eisenzeit wurde noch sehr viel Bronze produziert, von den Funden ab 900 v. Chr. wurden aber noch keine Materialanalysen durchgeführt.

Zur Überraschung der Archäologen führte der Handel mit Norditalien zu keinem intensiven kulturellen Austausch. „Es gibt natürlich Funde von Alltagsgegenständen auf dem Balkan, die auf Beziehungen mit Norditalien hinweisen – ihre Menge ist aber im Verhältnis zu jener von Kupfer sehr gering“, sagte Gavranović.