Graureiher steht vor einem Fluss
AFP – NICOLAS TUCAT
AFP – NICOLAS TUCAT
Biodiversität

Zehn „Must-knows“ zum Artensterben

Anfang Mai soll die neue UNO-Konvention zur Artenvielfalt auf einer Konferenz in China beschlossen werden. Forscherinnen und Forscher haben nun zehn „Must-knows“ zum Thema zusammengestellt. Das Fazit: Schutz von Klima, Biodiversität und Gesundheit – des Planeten und der Menschen – gehören zusammen.

„Wenn wir so weitermachen wie bisher, ruinieren wir die Grundlagen unseres Lebens auf diesem Planeten“, fasst Kirsten Thonicke vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) zusammen. Es ginge nicht darum, auf Einzelphänomene zu achten, etwa sich auf eine einzelne, aussterbende Tierart zu fokussieren, sondern darum die Zusammenhänge zu sehen. Thonicke sieht dabei eine Parallele zur Klimakrise, denn „je länger wir zögern, desto schwieriger und teurer wird es“, stellt sie fest.

Gemeinsam Klima und Biodiversität schützen

Mit der Bestandsaufnahme und den zehn Punkten wolle man „Mut machen, die Herausforderungen anzupacken“. 45 Expertinnen und Experten des Leibniz-Forschungsnetzwerks Biodiversität waren an ihr beteiligt, darunter auch der Österreicher Klement Tockner, Gewässerökologe und Generaldirektor der deutschen Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung.

Ganz vorne steht als erster Punkt „Klima- und Biodiversitätsschutz zusammen verwirklichen“, denn Ökosysteme an Land und die Ozeane haben in den vergangenen zehn Jahren etwa 55 Prozent des vom Menschen verursachten Ausstoßes von CO2 aufgenommen. Bei einer Zerstörung von Ökosystemen wie Mooren und Wäldern werden hingegen große Mengen Treibhausgas freigesetzt.

Gesundheit und Landwirtschaft

Unter dem Stichwort „planetare Gesundheit stärken“ wird darauf hingewiesen, dass 75 Prozent der neu auftretenden Infektionskrankheiten – darunter aktuell der Coronavirus – Zoonosen sind, sie werden also von Tieren auf Menschen übertragen. Zudem gelte es auch, die „unsichtbare Biodiversität zu beachten. Elefanten oder Tiger möchten alle schützen, das Leben unter der Oberfläche stirbt unsichtbar“, heißt es, denn in Flüssen und Seen sei die Menge größerer Wirbeltiere um 84 Prozent zurückgegangen.

Auch die „biokulturellen Lebensräume“ gilt es zu fördern. Ein Großteil der noch 5.000 indigenen Völker sei als Jäger, Sammler, Fischer auf eine intakte Natur angewiesen. Den Wald solle man „nachhaltig nutzen“. Am Beispiel Deutschland haben nach den drei Dürrejahren 2018 bis 2020 79 Prozent aller Bäume in den Wäldern ein weniger dichtes Blattwerk. Der Punkt „Landwirtschaft umbauen“ weist darauf hin, dass die Erzeugung von Lebensmitteln für die Menschheit mit Monokulturen sowie zu viel Gift und Dünger vielfach zum Artentod beitrage.

Viel mehr schädliche Investitionen als nützliche

77 Prozent der Landflächen weltweit, die eisbedeckte Antarktis einmal ausgenommen, sind demnach heute durch die menschliche Nutzung bereits stark verändert. Der abschließende Punkt ist die Forderung „biodiversitätsfreundliche Anreize“ zu setzen: Rund 140 Milliarden US-Dollar (127 Mrd. Euro) werden laut den Angaben weltweit jährlich für den Schutz der Artenvielfalt ausgegeben, aus öffentlichen und privaten Mitteln – aber 500 Milliarden an öffentlichen Subventionen plus geschätzte 2.600 Milliarden an privaten Investitionen in Sektoren, die der Artenvielfalt schaden – das ist die 22-fache Summe.

Ändern könnte sich diese Schieflage, wenn der Finanzsektor bei Abschätzungen von Investitionsrisiken die Auswirkungen auf die Biodiversität miteinbeziehen würde, so wie das bereits mit den Auswirkungen auf das Klima zunehmend der Fall ist. Das wäre ein wichtiger Hebel für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen, heißt es zum abschließenden, aber nicht unwesentlichen Punkt.