Der ehemalige Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP)
APA/HANS PUNZ
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Akademie der Wissenschaften

Heinz Faßmann neuer Akademie-Präsident

Ex-Wissenschaftsminister Heinz Faßmann wird neuer Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Der 66-jährige Geograph wurde Freitagnachmittag von den Akademiemitgliedern im ersten Wahlgang mit absoluter Mehrheit an die Spitze der Gelehrtengesellschaft gewählt, teilte die ÖAW mit.

Faßmann folgt Anfang Juli in dieser Funktion dem Quantenphysiker Anton Zeilinger. Er setzte sich in der Wahl gegen den früheren Generaldirektor des Naturhistorischen Museums Wien, Christian Köberl, und den Kulturwissenschafter Michael Rössner durch. Die drei Kandidaten waren von einer aus Akademie-Mitgliedern zusammengesetzten Findungskommission vorgeschlagen worden.

Innerhalb der Akademie gibt es einige Themen, um die sich der neue Präsident wird kümmern müssen: Vor allem die Zwitterstellung zwischen Gelehrtengesellschaft und der geringe Frauenanteil wird immer wieder genannt.

Starke Stellung gegenüber der Politik

Es gebe international einige Beispiele von gut organisierten und in der Politikberatung starken Gelehrtengesellschaften, sagt der Wissenschaftsforscher Thomas König vom Institut für höhere Studien (IHS). Er verweist etwa auf die Royal Society in Großbritannien und die Leopoldina in Deutschland, die sich beide auch zuletzt in Sachen Corona immer wieder zu Wort gemeldet haben.

Die Akademie sei anders aufgebaut, sie habe eine Doppelrolle: „Eine Gelehrtengesellschaft ist eine Zusammenkunft von honorigen Menschen, die politische Empfehlungen auf wissenschaftlicher Basis erarbeiten. Forschungsinstitute zu managen, ist etwas ganz Anderes, es braucht eine spezifische Art von Management und Entscheidungsstruktur.“ Das seien zwei verschiedene Dinge, und er sehe nicht, wie das bei einer Institution wie der Akademie der Wissenschaften gut funktionieren solle, so König im Interview mit Ö1. Derzeit betreibt die Akademie 25 Institute und beschäftigt 1.800 Forscherinnen und Forscher.

Frauen werden mehr – auf extrem niedrigem Niveau

Die Gelehrtengesellschaft und davon die wirklichen und 16 korrespondierende Mitglieder sowie 16 Mitglieder der jungen Akademie, wählten den neuen Präsidenten* – der Frauenanteil unter diesen Mitgliedern ist zuletzt zwar größer geworden, bei den neugewählten Mitgliedern waren zuletzt über 60 Prozent weiblich. Insgesamt ist der Frauenanteil mit 18 Prozent aber noch immer sehr gering. Das müsse sich ändern, so die Historikerin Brigitte Mazohl, selbst wirkliches ÖAW-Mitglied seit 2008. Man könnte zum Beispiel in den nächsten Jahren nur Frauen zu wirklichen Mitgliedern machen oder die Frauen bei Berechnung der Gesamtzahl nicht mitzählen. „Da muss sich ein neuer Präsident etwas einfallen lassen“, so Mazohl.

Ebenso geändert gehöre, dass Gleichstellungsmaßnahmen bisher nur für den Institutsteil der ÖAW formuliert wurden, weil hier die Menschen im Unterschied zur Gelehrtengesellschaft angestellt sind. Den Maßnahmen selbst fehlt aber die ressourcenmäßige Absicherung in Form etwa einer Stabsstelle. „Dinge, die in anderen wissenschaftlichen Einrichtungen schon seit Jahren Standard sind.“

Dass nun mit dem ehemaligen Wissenschaftsminister Heinz Faßmann, dem Geochemiker Christian Köberl und dem Romanisten Michael Rössner drei Männer kandidiert haben, sei auch Ausdruck der aktuellen Strukturen, so die Historikerin: „Das ist wirklich typisch für die Akademie. Mir wären auf Anhieb einige Frauen eingefallen, die für dieses Amt geeignet gewesen wären. Und ich kann nur hoffen, dass Frauen dann wenigsten im Präsidium eine Rolle spielen werden.“ Denn derzeit sei eben dieses Präsidium mit vier Männern besetzt.

Faßmann seit 2000 ÖAW-Mitglied

Die heutige Wahl hatte zusätzliche Brisanz, weil mit Heinz Faßmann ein erst kürzlich ausgeschiedener Wissenschaftsminister für diese – mit nicht näher definierten Gebühren bezahlte – Funktion kandidiert hat. Faßmann ist seit dem Jahr 2000 Mitglied der philosophisch-historischen Klasse der ÖAW. Er war – parteilos, aber von der ÖVP nominiert – mit einer mehrmonatigen Unterbrechung von Ende 2017 bis Ende 2021 Bildungs- und Wissenschaftsminister. Zuvor war Faßmann seit 2000 Professor für Angewandte Geographie, Raumforschung und Raumordnung an der Universität Wien, wo er von 2011 bis 2017 auch Vizerektor war. Seine Funktion als Direktor am Institut für Stadt- und Regionalforschung der ÖAW hat er für die Amtszeit als Minister ruhend gestellt.

* Die Angaben zum Wahlmodus wurden nach Rückmeldung der Akademie der Wissenschaften korrigiert. Die vorherige Information, dass nur die wirklichen Mitglieder den Präsidenten wählen, war nicht korrekt.