Kreditkarte
agcreativelab – stock.adobe.com
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Plastikpartikel

Mensch isst pro Woche eine Kreditkarte

Fünf Gramm winzige Plastikteilchen gelangen durchschnittlich innerhalb einer Woche in den Magen-Darmtrakt eines Menschen. Das entspricht in etwa einer Kreditkarte, wie die MedUni Wien berichtet. In die Nahrungskette gelangen die Partikel unter anderem aus Verpackungsabfall.

Ob von den aufgenommenen Mikro- und Nanokunststoffen ein Gesundheitsrisiko ausgeht, werde in zahlreichen Studien untersucht, sei aber bisher weitgehend unbekannt, hieß es in einer Aussendung der MedUni Wien. Ein Forschungsteam der MedUni fasste nun den aktuellen Stand der Wissenschaft zusammen. Der Artikel dazu wurde im Fachjournal „Exposure & Health“ veröffentlicht.

Im Zentrum der medizinischen Forschung zur Thematik steht das Verdauungssystem, wo Mikro- und Nanoplastikpartikel (MNP) im Gewebe nachgewiesen werden können. Nanoplastik wird mit einer Größe von unter 0,001 Millimeter definiert, Mikroplastik ist mit 0,001 bis fünf Millimeter teilweise noch mit freiem Auge sichtbar. Experimentelle Studien weisen darauf hin, dass MNP, die über den Magen-Darm-Trakt aufgenommen werden, zu Veränderungen in der Zusammensetzung des Darmmikrobioms führen.

Gefahr von Stoffwechselerkrankungen

Diese Veränderungen werden mit der Entstehung von Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, Fettleibigkeit oder chronischen Lebererkrankungen assoziiert, berichtete das Forschungsteam um Elisabeth Gruber und Lukas Kenner. Neben den Auswirkungen auf das Darmmikrobiom werden außerdem spezielle molekulare Mechanismen beschrieben, die die Aufnahme von MNP in das Darmgewebe erleichtern.

Es zeigte sich, dass MNP im Magen-Darmtrakt unter bestimmten physikochemischen Gegebenheiten vermehrt aufgenommen werden und Mechanismen aktivieren könnten, die an lokalen Entzündungs- und Immunreaktionen mitwirken. Insbesondere die winzig kleinen Nanokunststoffe werden mit biochemischen Vorgängen in Verbindung gebracht, die entscheidend an der Krebsentstehung beteiligt sind.

Plastikflaschen als große Übeltäter

In die Nahrungskette gelangen MNP unter anderem aus Verpackungsabfall. In den Körper werden die Plastikteilchen nicht nur über Lebensmittel wie insbesondere Meereslebewesen oder Meersalz geschleust, auch das Trinken spielt dabei eine Rolle. Wer die empfohlenen 1,5 bis zwei Liter Wasser pro Tag aus Plastikflaschen trinkt, nimmt einer Studie aus dem Jahr 2019 zufolge allein auf diese Weise rund 90.000 Mikroplastikpartikel pro Jahr zu sich. Wer zu Leitungswasser greift, kann – je nach geografischer Lage – die Menge auf 4.000 reduzieren.

Außerdem wiesen Forschende eine weit verbreitete Kontamination von Mineralwasser mit Xenohormonen nach, die aus PET-Flaschen (Polyethylenterephthalat) ausgewaschen werden. Xenohormone weisen eine starke östrogene Aktivität auf, die im Körper krebserregend wirken kann.

Die potenziellen negativen Folgen von Plastikpartikeln für die Gesundheit könnten insbesondere bei Menschen mit chronischer Krankheitsbelastung zu Tragen kommen, sagt Kenner: „Ein gesunder Darm kann das Gesundheitsrisiko eher abwehren. Aber lokale Veränderungen im Magen-Darm-Trakt, wie sie bei chronischen Erkrankungen oder auch negativem Stress vorliegen, könnten für die schädlichen Auswirkungen von MNP anfällig machen.“