Eine Reihe von Cola-Dosen
AP – Matt Rourke
AP – Matt Rourke
Studie

Künstliche Süßstoffe steigern Krebsrisiko

Dass künstliche Süßstoffe nicht unbedingt eine sichere Alternative zu Zucker sind, zeigen französische Forscherinnen und Forscher in einer aktuellen Studie mit 100.000 Erwachsenen auf. Sie stellten einen Zusammenhang zwischen dem Süßstoffkonsum und einem erhöhten Krebsrisiko fest – und fordern generell weniger süße Lebensmittel im Handel.

Künstliche Süßstoffe wie etwa Aspartam oder Sucralose sind in den letzten Jahren immer beliebtere Inhaltsstoffe in vielen Lebensmitteln – vom kaloriefreien Eistee bis hin zum vermeintlich gesünderen Joghurt. Sucralose etwa ist rund 600-Mal süßer als herkömmlicher Zucker, hat keine Kalorien und soll dabei außerdem die Zähne schonen.

Ob die künstlichen Süßstoffe aber tatsächlich so ungefährlich sind, wie von den Produzenten angepriesen, stellen zahlreiche Forscherinnen und Forscher seit geraumer Zeit in Frage. Frühere Studienergebnisse haben etwa Aspartam und Sucralose mit Typ-2 Diabetes und Übergewicht in Verbindung gebracht. „Einige dieser Studien haben sich aber nur auf einen Bereich – zum Beispiel ‚Getränke mit Süßstoffen‘ – konzentriert. Bisher hat es an aussagekräftigen Daten zum generellen Konsum der Süßstoffe im Alltag gefehlt“, erklärt die Ernährungsepidemiologin Mathilde Touvier gegenüber science.ORF.at. Sie ist Direktorin des ernährungsepidemiologischen Forschungsteams an der Sorbonne Universität in Paris.

Daten von über 100.000 Erwachsenen

Touvier hat zusammen mit dem französischen Team Daten aus der NutriNet-Santé Studie genutzt – dabei handelt es sich um eine Online-Kohortenstudie, bei der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer freiwillig und selbstständig ihre medizinische Vorgeschichte, ihre Ernährungsinformationen und vieles mehr eintragen. Die Studie läuft bereits seit dem Jahr 2009, das Forscherteam um Touvier und ihre Kollegin Charlotte Debras konnte daher auf eine sehr umfangreiche Datenbank zugreifen.

Die Fachleute sammelten Informationen von über 100.000 französischen Erwachsenen darüber, welche Lebensmittel sie innerhalb eines ganzen Tages konsumierten. Anhand weiterer Untersuchungen verglichen sie die Daten zur Ernährung mit Informationen aus Krebsdiagnosen, um herauszufinden, ob ein Zusammenhang zwischen dem Konsum von Süßstoffen und einem erhöhten Krebsrisiko besteht. Die Studie präsentiert das Team aktuell im Fachjournal „PLOS Medicine“.

Krebsrisiko steigt mit Süßstoffkonsum

Die am häufigsten von den Erwachsenen konsumierten Süßstoffe waren neben Aspartam und Suclarose auch Acesulfam. Aspartam lag dabei mit 58 Prozent der konsumierten Süßstoffmenge an der Spitze, Acesulfam (29 Prozent) und Suclarose (zehn Prozent) dahinter.

Von den über 100.000 Erwachsenen hatten etwa 3.300 im Laufe der Zeit eine Krebsdiagnose, etwa 600 davon galten gleichzeitig als „starke Konsumenten“ der künstlichen Süßstoffe. Konkret zeigt die Untersuchungen des Forscherteams, dass ein erhöhter Konsum der Süßstoffe Aspartam und Acesulfam zu einem durchschnittlich 13 Prozent erhöhten Krebsrisiko führen kann – die Gefahr, an bestimmten Krebsarten zu erkranken, sei dabei aber höher als bei anderen. So hat die Untersuchung ergeben, dass das Risiko an Brustkrebs zu erkranken um rund 22 Prozent steigt. Auch das Risiko für Krebsarten, die generell mit Übergewicht zusammenhängen (etwa Magen- und Darmkrebs), war laut den Daten der Forscherinnen und Forscher überdurchschnittlich.

Die Untersuchung war Touvier zufolge aber auch in ein paar Bereichen eingeschränkt. Die Forscher konnten etwa die Richtigkeit der von den Erwachsenen selbstständig ausgefüllten medizinischen Fragebögen nicht kontrollieren. Außerdem nahmen an der NutriNet-Santé Studie mehr Frauen mit höherem Bildungsstatus teil – das Ergebnis könnte also in manchen Bereichen etwas verzerrt sein. Umso wichtiger sind laut Touvier weitere Untersuchungen.

Weniger süße Lebensmittel im Handel

„Unsere Untersuchung zeigt uns, dass künstliche Süßstoffe nicht als ‚sichere‘ Alternative zu Zucker gelten können“, erklärt Touvier. Natürlich habe aber auch ein zu hoher Zuckerkonsum klar nachgewiesene negative Gesundheitsfolgen. Die Ernährungsepidemiologin fordert daher: „Wir müssten einfach den generellen Konsum von süßen Lebensmitteln reduzieren und weniger Produkte mit Zucker oder Süßstoffen im Handel anbieten.“

Auf den süßen Kaffee am Morgen oder den Schokoriegel zwischendurch zu verzichten, sei dabei oft eine Sache der Gewohnheit. Kinder etwa schon früh an einen Speiseplan zu gewöhnen, der nur wenig Süßes enthält, könne dabei helfen. Touvier hofft außerdem, dass der aufgezeigte Zusammenhang zwischen Süßstoffen und Krebserkrankungen die Verantwortlichen dazu antreibt, den Einsatz der Süßmacher noch einmal genau zu überdenken.