Great Barrier Reef
Reuters/Lucas Jackson
Reuters/Lucas Jackson
Ökologie

Hitzetolerante Korallen am Great Barrier Reef

Die Klimaerwärmung bedroht das Great Barrier Reef in Australien. Hunderte von Riffen beherbergen aber laut einer neuen Studie Korallen, die sich an die wärmeren Meerestemperaturen angepasst haben. Sie geben diese Eigenschaft an den Nachwuchs weiter – und das könnte Korallenriffe auf der ganzen Welt klimaresistenter machen.

Korallen vor den steigenden Temperaturen zu schützen, sei wichtiger denn je, meint Kate Quigley vom nationalen Institut für Meereswissenschaften in Australien. Gegenüber science.ORF.at erklärt sie: „Auf der ganzen Welt sterben derzeit Korallen ab – ein Problem, das in den letzten paar Jahren immer schlimmer geworden ist.“

Die Auswirkungen der Klimaerwärmung auf die Korallen können derzeit am prominentesten aller Riffe, dem Great Barrier Reef in Australien, hautnah erlebt werden. Wegen der für März zu warmen Temperaturen ist es erneut einer ernsthaften Korallenbleiche ausgesetzt. Sollten sich die dortigen Bedingungen nicht bald bessern, könnten viele der ohnehin bereits geschwächten Korallenpopulationen absterben.

Erbgut als Schlüssel zu Hitzeresistenz

Als Korallenbleiche wird das Verblassen der farbenprächtigen Korallen bezeichnet. Vor allem die steigenden Temperaturen seien für dieses Phänomen verantwortlich, so die Meereswissenschaftlerin. Sobald es den Nesseltieren zu warm wird, stoßen sie die Algen ab, mit denen sie sonst gemeinschaftlich zusammenleben. Die Algen sind dabei nicht nur für die Farbe der Korallen verantwortlich, sie versorgen die Tiere auch mit lebenswichtigen Nährstoffen und Sauerstoff. Ohne die Algen sterben viele Korallen nach kurzer Zeit.

Zusammen mit der Meeresbiologin Madeleine van Oppen hat Quigley daher nach einer Möglichkeit gesucht, Riffe generell resistenter gegen die Hitze zu machen und Korallenbleichen künftig, so gut es geht, zu verhindern. Das Erbgut bestimmter Korallen enthalte den Schlüssel dazu, wie die Forscherinnen in einer aktuellen Studie im Fachjournal „Nature“ aufzeigen.

Nachwuchs erbt Umgang mit Hitze

„Manche Korallen leben in wärmeren Gewässern, andere in kälteren“, so Quigley. Die Forscherinnen haben daher versucht, durch gezielte Züchtung die hitzeresistenten Eigenschaften der einen Exemplare auf jene Korallen zu übertragen, die es eigentlich lieber kälter mögen.

Bei Experimenten im Labor kreuzten die Forscherinnen daher Exemplare der Korallenspezies Acropora tenuis, die umgangssprachlich als kleinpolypige Steinkoralle bekannt ist. Quigley: „Wir haben uns für diese Art entschieden, weil sie in vielen Korallenriffen vorkommt, relativ robust ist und außerdem bereits generell sehr gut erforscht ist.“

Im Rahmen der Laboruntersuchungen ist es den Meeresbiologinnen gelungen, Korallen so zu kreuzen, dass ihr Nachwuchs höhere Temperaturen aushält. Demnach könne der gezielt gezüchtete Korallennachwuchs bis zu drei Grad Celsius wärmeres Wasser aushalten. Wie gut er aber tatsächlich auf die Temperaturen reagiert, hänge davon ab, wie sehr seine Eltern mit der Hitze zu kämpfen hatten und wie stark die Temperaturen im jeweiligen Gebiet schwanken.

Satellitendaten und maschinelles Lernen

Die Meereswissenschaftlerinnen wollten außerdem herausfinden, wie stark die hitzeresistenteren Korallen bereits im Great Barrier Reef verbreitet sind. Das Riff tatsächlich in der Praxis auf solche Exemplare zu durchsuchen, sei aber nicht möglich. „Mit einer Fläche, die größer ist als Italien, ist es dafür einfach zu groß“, erklärt Quigley.

Die Forscherinnen nutzten daher Satellitendaten des Riffs, maschinelle Lernprozesse und die Daten aus den Experimenten im Labor, um ein Modell zu entwickeln. Darin zeigen sie auf, wo die Bedingungen hitzeresistentere Korallenexemplare theoretisch zulassen. Das Ergebnis: Etwa 7,5 Prozent der Riffe, die zum Great Barrier Reef gehören, könnten solche Korallen bereits beherbergen. Der prozentuale Anteil klinge nicht nach sonderlich viel, wegen Größe des Great Barrier Reefs handle es sich dabei aber um mehrere hundert Riffe, so Quigley.

Zum Schutz bestehender und geschwächter Riffe

Das Ergebnis der australischen Meeresbiologinnen zeige auf, welche Teile des Great Barrier Reefs derzeit besonders geschützt werden sollten, um den Korallen ein weiteres Anpassen an die steigenden Temperaturen zu erlauben. Außerdem könnten die hitzeresistenteren Korallen auch dazu genutzt werden, bereits geschwächte Riffe wieder zu beleben – entweder indem sie dort angesiedelt werden oder indem man die lokalen Korallen mit den robusteren Exemplaren kreuzt.

Künftig möchten die Forscherinnen noch besser verstehen, wie die Korallen auch außerhalb des Great Barrier Reefs resistenter gegen die Hitze gemacht werden könnten. Durch zusätzliche Forschung auf dem Gebiet ist es laut Quigley wahrscheinlich auch bald möglich, die Ergebnisse aus Australien auf andere Länder und unterschiedliche Korallenarten zu übertragen. So könnten Korallenriffe auf der ganzen Welt in Zukunft besser vor den Folgen der Klimaerwärmung geschützt werden. Die Verantwortlichen fordert Quigley außerdem dazu auf, dem Schutz der Korallenriffe global noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken.