School children sitting at the desk in classroom on the lesson, raising hands.
©Halfpoint – stock.adobe.com
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Große Studie

Bildungserfolg kaum genetisch vererbt

In der bisher größten einschlägigen Untersuchung identifizierten Forscherinnen und Forscher neue Erbgutstellen, die einen Zusammenhang mit Bildungserfolg haben. Die Studie bestätigt, dass Bildungserfolg vor allem von sozialen und anderen Umweltfaktoren abhängt und Gene nur eine kleine Rolle spielen.

Im Erbgut von über drei Millionen Menschen hat ein Forschungsteam mit Beteiligung aus Graz nach Erbgutstellen gesucht, die mit Bildungserfolg zusammenhängen. Die laut den Autorinnen und Autoren größte Studie ihrer Art hat 3.952 Erbgutstellen identifiziert, die einen Zusammenhang mit erfolgreich im Bildungssystem absolvierten Jahren haben. Zusammen erklären sie aber nur zwölf bis 16 Prozent des Erfolges, heißt es im Fachjournal „Nature Genetics“.

In die Analyse gingen einerseits Daten aus vorherigen Untersuchungen sowie eine Vielzahl neuer genetischer Informationen ein. In derartigen sogenannten genomweiten Assoziationsstudien (GWAS) wird das Erbgut möglichst vieler Menschen auf einen Zusammenhang mit einem bestimmten Merkmal, etwa einer Erkrankung oder in der aktuellen Studie mit dem Bildungserfolg, gescreent. Damit will man vor allem Stellen im Genom finden, die entweder für sich alleine oder im Zusammenspiel mit anderen Erbgutstellen ein lohnendes Ziel für tiefergehende Analysen abgeben.

Tausende genetische Faktoren spielen mit

Im Fall der Studie des weitverzweigten Teams um Aysu Okbay von der Vrije Universiteit Amsterdam, an der auch Forscherinnen und Forscher von der Med Uni Graz beteiligt waren, suchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Zusammenhänge von Erbgutstellen und Bildungserfolg, den sie an der Anzahl der erfolgreich absolvierten Jahre in Bildungseinrichtungen festmachten.

Die Gestaltung von Bildungskarrieren sei natürlich vor allem von zahlreichen sozialen und anderen Umweltfaktoren abhängig. Allerdings spielen hier auch tausende genetische Faktoren mit, erklärten die Autorinnen und Autoren vom Social Science Genetic Association Consortium (SSGAC) in Zusatzinformationen zu der Arbeit.

In einer umfassenden vorhergehenden Studie des Konsortiums wurden 1.271 damit potenziell im Zusammenhang stehende Genvarianten gefunden, nun erhöhte sich deren Anzahl auf fast 4.000. All diese Erbgutinformationen fasste das Team in einen Gesamtindex (PGI) zusammen. Der neue PGI erhöht aber die statistische Aussagekraft für Unterschiede im Bildungserfolg lediglich von bisher elf bis 13 auf nun zwölf bis 16 Prozent, heißt es in der Arbeit.

„Verstärkt Umgebungsfaktoren widmen“

Trotzdem berge ein höherer genetischer Indexwert im Schnitt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass eine Person beispielsweise einen höheren Bildungsabschluss erreicht – auch wenn die Genauigkeit gering sei, wie die Forscherinnen und Forscher einräumen. Zusätzlich fand das Team 57 Varianten auf dem Geschlechtschromosom „X“, die ebenfalls einen Zusammenhang mit Bildung haben könnten.

Die Wissenschaftlerinnen betonen, dass man bei den gefundenen Erbgutstellen nicht von „den verantwortlichen Genen für Bildungserfolg“ sprechen könne. Sie sehen in ihrer Arbeit vor allem auch einen Beitrag dazu, sich verstärkt dem Einfluss der Umgebungsfaktoren wie zu widmen, die mit dem Bildungserfolg nachweislich im Zusammenhang stehen. Letztlich zeigt die Studie nämlich, dass die Gene zwar eine Rolle spielen, diese aber auch nicht überbewertet werden sollte.