Besucher eines Pubs trinken Bier im Freien
TOLGA AKMEN/AFP
TOLGA AKMEN/AFP
Lebenserwartung

Lebensstil kostet Männer 20 Jahre

Um präzisere Vorhersagen zur Lebenserwartung zu treffen, haben deutsche Krebsforscherinnen und -forscher Lebensstilfaktoren mit fünf Biomarkern kombiniert: Der ungesündeste Lebensstil zusammen mit ungünstigen Blutwerten führt bei Männern statistisch zu einer fast 23 Jahre geringeren Lebensspanne.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ/Heidelberg) haben bereits vor einigen Jahren festgestellt: Menschen, die alle Empfehlungen zur Gesundheitsprävention beherzigen, leben bis zu 17 Jahre länger als Zeitgenossen mit sehr ungesunden Lebensgewohnheiten. Jetzt haben die Experten versucht, diese Ergebnisse durch Berücksichtigung von bestimmten Blutserum-Markern noch genauer zu machen. „Wir wollten nun wissen, ob wir die Lebenserwartung noch präziser vorhersagen können, wenn wir zusätzlich geeignete Serum-Biomarker bestimmen“, so Epidemiologe Rudolf Kaaks in einer Aussendung zur im Fachmagazin „Age und Aging“ veröffentlichten Studie.

Dazu wurden fünf per Laboruntersuchung bestimmbare Blutwerte ausgesucht: Der Growth differentiation factor 15 (GDF-15) zeigt oxidativen Stress, Entzündungen und Mitochondrien-Fehlfunktion an, der Cystatin C-Spiegel gibt Hinweis auf die Nierenfunktion und NT-proBNP zeigt Herzschäden an. Erhöhte Werte des sogenannten HbA1c signalisieren Diabetes und ungesunden Stoffwechsel, das C-reaktive Protein CRP ist ein Marker für systemische Entzündung.

Studie zu Langzeitfolgen

Für die aktuelle Untersuchung konnten die DKFZ-Epidemiologen auf die Blutproben der Heidelberger EPIC-Studienteilnehmer zugreifen (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition). Das DKFZ ist seit mehr 20 Jahren an dieser gesamteuropäischen Untersuchung zum Zusammenhang von Ernährung, Lebensstilfaktoren und Krebs beteiligt. Die Heidelberger EPIC-Kohorte umfasst mehr als 25.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im mittleren bis höheren Lebensalter. 2.571 Teilnehmer waren zum Ende der Nachbeobachtungsperiode (2014) verstorben.

Die Wissenschaftler ermittelten für alle Studienteilnehmer ein Profil von lebensstilbezogenen Risikofaktoren (Rauchen, Body Mass Index/BMI, Hüftumfang, Alkoholkonsum, körperliche Aktivität, Diabetes, Bluthochdruck). „Berücksichtigten die Forscher allein dieses Profil, so lag die Lebenserwartung von Männern mit dem günstigsten Profil 16,8 Jahre höher als die von Studienteilnehmern mit den ungesündesten Lebensgewohnheiten. Bei den Frauen betrug dieser Unterschied nur 9,87 Jahre“, schrieb das DKFZ.

Gesundheitspädagogischer Wert

Wurden zusätzlich zum Lebensstil die Serummarker einberechnet, so ergab sich eine Differenz von 22,7 Lebensjahren zwischen Männern mit den ungünstigsten Werten gegenüber der günstigsten Gruppe. Bei den Studienteilnehmerinnen betrug diese Differenz 14 Jahre. Abgesehen davon, dass solche Studienergebnisse helfen können, zukünftige Präventionsstrategien zu entwickeln, könnte das auch einen gesundheitspädagogischen Wert haben. „Der voraussichtliche Verlust an Lebenserwartung ist ein geeigneter und leicht verständlicher Messwert, den beispielsweise Ärzte nutzen können, um ihre Patientinnen und Patienten zu motivieren, ungesunde Gewohnheiten aufzugeben. Auch könnten damit Menschen mit besonders hohen gesundheitlichen Risiken identifiziert werden, die von direkten Interventionen profitieren könnten“, erklärte Studien-Erstautor Bernard Srour.