Anopheles moskito, Malaria
Centers for Disease Control and Prevention
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Geoengineering verschiebt Malariarisiko

Geoengineering – also technische Eingriffe in das Klimasystem mit dem Ziel die Erderwärmung abzubremsen – kann weitreichende und unerwartete Auswirkungen haben. Eine neue Studie zeigt etwa, dass es die Übertragung von Malaria durch Moskitos begünstigen könnte, wenn die weltweite Sonneneinstrahlung künstlich verringert wird.

„Solares Geoengineering“ wird immer wieder als mögliche Maßnahme gegen die Klimaerhitzung ins Spiel gebracht. Durch technische Maßnahmen soll dabei weniger Sonnenlicht auf die Erde treffen. Das ist nur ein Bereich des vieldiskutierten und umstrittenen Geoengineerings – Eingriffe mit technischen Mitteln in geochemische und biogeochemische Kreisläufe der Erde.

Mit „Solarem Geoengineering“ soll eine höhere Reflexion der einfallenden Sonnenstrahlung bzw. eine verringerte Absorption auf der Erde erreicht werden. Das könnte etwa mit Schwefelpartikeln passieren, die in 15 bis 20 Kilometern über der Erde versprüht werden. Dadurch entstehen winzige Schwebteilchen, die ähnlich Wolken Sonnenstrahlung zurück in den Weltraum reflektieren, bevor diese die Erdoberfläche erreicht. Diese Technologie birgt aber auch Risiken für Mensch und Umwelt, die sich weltweit auswirken können, und die bisher nicht ausreichend erforscht sind.

Eine Mrd. Menschen zusätzlich Malariarisiko ausgesetzt

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Georgetown Universität in Washington, DC errechneten nun anhand von Klimamodellen, inwiefern derartige Maßnahmen die Übertragung von Malaria durch Moskitos beeinflussen könnte. In ihrer Studie, die im Fachmagazin „Nature Communications“ veröffentlicht wurde, stellten sie einen Zusammenhang fest, der nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist: Als Folge des „Solaren Geoengineerings“ könnte das Risiko, an Malaria zu erkranken, im Globalen Süden umverteilt werden.

Ausgetrocknete Zweige eines Baumes vor der Sonne
APA/Harald Schneider
Mit Solarem Geoengineering soll die auf die Erde treffende Sonnenstrahlung durch technische Maßnahmen verringert werden

Anhand von Klimamodellen simulierte das Team aus Forscherinnen und Forschern aus den USA, Bangladesch, Südafrika und Deutschland, wie die Übertragung von Malaria in Zukunftsszenarien mit mittlerer und hoher globaler Erwärmung und mit und ohne „Solarem Geoengineering“ aussehen könnte. Die Berechnungen zeigen, welche Temperaturen die Übertragung von Malaria durch die Anopheles-Mücke, auch Malariamücke genannt, begünstigen und wie viele Menschen in Regionen leben, in denen eine Übertragung möglich ist.

Sowohl in Szenarien mit mittlerer als auch mit hoher Erwärmung ergaben die Simulationen, dass sich das Malariarisiko zwischen den Regionen erheblich verschiebt. Im Klimamodell mit hoher globaler Erwärmung in einer geotechnologisch veränderten Welt wäre sogar eine Milliarde Menschen zusätzlich einem Malariarisiko ausgesetzt.

Vorteil für Indien = Nachteil für Südostasien

Das Ausmaß der Verschiebungen zwischen Regionen sei eines der überraschendsten Ergebnisse der Studie gewesen, sagt Colin Carlson vom Center for Global Health Science and Security am Georgetown University Medical Center, der Hauptautor der Studie. In den Szenarien, in denen das Klima durch „Solares Geoengineering“ beeinflusst wurde, berechnete das Forschungsteam beispielsweise, dass ein derartiger Eingriff das Malariarisiko auf dem indischen Subkontinent im Vergleich zu heute erheblich reduzieren könnte. Diesem Schutzeffekt stehe jedoch ein Anstieg des Risikos in Südostasien gegenüber.

Wenn es beim Geoengineering darum gehe, Menschen zu schützen, die in den Ländern „an der vordersten Front des Klimawandels“ leben, dann sollte auch auf mögliche Risiken geachtet werden, so Carlson, insbesondere im Hinblick auf oft vernachlässigte Gesundheitsbelastungen wie durch Moskitos übertragene Krankheiten.

Auswirkungen auf Gesundheit bisher kaum erforscht

Erst im Jänner warnten Expertinnen und Experten in einem in der in der Fachzeitschrift „WIREs Climate Change“ veröffentlichten Brief, dass das künstliche Verringern der weltweiten Sonneneinstrahlung „nicht auf faire, integrative und effektive Weise geregelt werden“ könne. Dass das Geoengineering des Klimas gewaltige Auswirkungen u. a. auf die Gesundheit von Milliarden von Menschen hat, betont auch das Forschungsteam der Georgetown Universität in der aktuellen Studie.

Obwohl „Solares Geoengineering“ oft als Möglichkeit zur Verringerung der Klimaungerechtigkeit diskutiert wird, seien die potenziellen Auswirkungen auf die Gesundheit großer Bevölkerungsgruppen erst selten untersucht worden. Die aktuelle Studie sei die erste, die sich damit befasst, wie sich Geoengineering auf die Belastung durch Infektionskrankheiten auswirken könnte.

Die Ergebnisse der Studie zeigen einmal mehr, dass Entscheidungen, ob und wie Geoengineering im Kampf gegen die Erderhitzung eingesetzt werden soll, kompliziert sind. Geoengineering könne Leben retten, aber die Annahme, dass das für alle Menschen gleichermaßen gelte, könnte einige Länder im Globalen Süden benachteiligen, sagt Carlson: „Die Frontlinien der Klimaungerechtigkeit sind kein monolithischer Block – insbesondere wenn es um Gesundheit geht.“