Steine, Steinzeit
Needham et al., 2022, PLOS ONE
Needham et al., 2022, PLOS ONE
Archäologie

„Netflix“ der Steinzeitmenschen

Um abends am Lagerfeuer unterhalten zu werden, haben Menschen in der Steinzeit kleine Kunstwerke geschaffen, die im Feuerschein flackerten. Das zeigt die Untersuchung von 50 in Frankreich ausgegrabenen Steinen mit eingravierten Mustern.

Die Steine ​​wurden vor etwa 15.000 Jahren im Magdalénien – einer archäologischen Kulturstufe in Mittel- und Westeuropa – mit Steinwerkzeugen gemeißelt und graviert. Das Forschungsteam der englischen Universitäten York und Durham entdeckte darauf nicht nur feine weiße Gravuren mit künstlerischen Mustern, sondern auch Hitzeschäden an den Rändern.

Für die Forscherinnen und Forscher ein Beleg dafür, dass die flachen Steine in unmittelbarer Nähe des Feuers platziert worden waren, wie es in der Studie heißt, die nun im Fachjournal „PLOS ONE“ veröffentlicht wurde.

Experimente mit nachgebildeten Steinen

Nachdem sie die Steine – die sich mittlerweile im British Museum in London befinden – entdeckt hatten, bildeten die Forscherinnen und Forscher sie samt frischen weißen Gravuren nach und ließen sie mittels 3-D-Modellen und Virtual-Reality-Simulationen so wirken, wie die Menschen im Magdalénien sie vor Tausenden von Jahren im Flackern des Feuerscheins sahen.

Virtual-Reality-Simulation

„Vor 15.000 Jahren saßen Menschen nachts um ein Feuer herum und betrachteten die flackernden Muster und deren Schatten“, so Andy Needham vom Institut für Archäologie der University of York. Erst habe man angenommen, dass die Hitzeschäden auf den Steinen unbeabsichtigt am Lagerfeuer entstanden seien. Durch die Experimente mit den nachgebildeten Steinen habe man aber herausgefunden, dass diese absichtlich so nahe am Feuer platziert worden waren, so der Hauptautor der Studie und Kodirektor des York Experimental Archaeology Research Center.

Lagerfeuer als Mittelpunkt der Gesellschaft

„Obwohl sich die Menschen im Magdalénien am Ende der letzten Eiszeit gut an die Kälte angepasst hatten und warme Kleidung aus Tierhäuten und Pelzen trugen, war das Feuer immer noch sehr wichtig, um sich warm zu halten“, erzählt die Mitautorin der Studie Izzy Wisher vom Institut für Archäologie der University of Durham. Das Lagerfeuer sei zudem der Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens gewesen.

Steine, Steinzeit
Needham et al., 2022, PLOS ONE
Das Forschungsteam bildete die Steine mit den feinen weißen Gravuren nach

Es sei faszinierend sich vorzustellen, dass die Menschen vor Tausenden von Jahren die Muße fanden, Kunst zu schaffen, obwohl sie sehr viel Zeit und Mühe in die Suche nach Nahrung und Wasser stecken mussten, so Wisher. Das Magdalénien zwischen 18.000 und 12.000 v. Chr. erlebte eine Blütezeit der frühen Kunst – von der Höhlenkunst und der Dekoration von Werkzeugen und Waffen bis hin zur Gravur von Steinen und Knochen.