Rabe in der Wiese
AFP/JACQUES DEMARTHON
AFP/JACQUES DEMARTHON
Evolution

Wie Raben die Welt eroberten

Krähen und Raben verwenden Werkzeuge, lösen abstrakte Probleme und verwenden sogar eine Art Sprache. Laut einer neuen Studie verdanken sie es aber nicht nur ihrer Intelligenz, dass sie heute auf fast allen Kontinenten leben. Für ihre Anpassungsfähigkeit waren auch Größe und Kraft entscheidend.

Krähen und Raben leben auf der ganzen Welt, mit Ausnahme von Südamerika. Ihre Omnipräsenz hat vermutlich mit dazu beigetragen, dass die auffälligen Aasfresser seit jeher mit symbolischer Bedeutung aufgeladen wurden. In der nordischen Mythologie galten sie als weise, in der christlichen Tradition als Unheilsbringer, Todesboten und Begleiter von Hexen. Nicht selten spielen sie eine wichtige Rolle in Märchen und Sagen, aber auch in Film und Literatur.

Heute ist klar, dass Krähen und Raben tatsächlich ganz besondere Vögel sind. Wie zahlreiche Studien belegen, sind sie hochintelligent, anscheinend etwa genauso schlau wie Menschenaffen. Sie leben in komplexen Sozialverbänden, verwenden Werkzeuge, planen im Voraus und besitzen ein ganzes Repertoire von Rufen, mit denen sie sich untereinander verständigen.

Extrem anpassungsfähig

Was laut den Forscherinnen und Forschern um Joan Garcia-Porta von der Washington University bis jetzt viel weniger beachtet wurde, ist die hohe Vielfalt und die vielen kleinen Unterschiede zwischen den Vögeln, die es den Tieren ermöglichen, in unterschiedlichsten Gegenden zu leben. Kaum eine andere Vogelgattung sei so weit verbreitet. Für die nun im Fachmagazin „Nature Communications“ erschienene Studie hat das Team analysiert, welches Geheimnis hinter dieser weltweiten Ausbreitung steckt.

Krähen kreisen am Himmel
APA/dpa/Frank Rumpenhorst
Krähen kreisen am Himmel

„Bei der globalen Verbreitung geht es nicht nur um die Fähigkeit, neue Orte zu erreichen, sondern auch um die Fähigkeit, dort dauerhaft zu überleben“, meint Koautor Carlos Botero in einer Aussendung zur Studie. Diese zeigt, dass sich Raben und Krähen extrem schnell weiterentwickelten und breit diversifizierten. Sie dürften daher besonders gut darin sein, in verschiedenen Lebensräumen zurechtzukommen.

Drei hilfreiche Merkmale

Für die Arbeit wurden unter anderem Exemplare aus Museen in Europa und in den USA analysiert und der Stammbaum der Tiere rekonstruiert. Laut den Forschern waren es vor allem drei Merkmale, die es den Tieren erleichterten, die ganze Welt zu erobern: Die Spannweite der Flügel, der große Körper und ihr – im Vergleich zu anderen Rabenvögeln – relativ großes Gehirn.

Durch die breiten Flügel können sie sehr gut und weit fliegen und leicht neue Orte erreichen. Einmal angekommen können die intelligenten Tiere ihr Verhalten recht schnell anpassen. Und die relative Größe verschafft ihnen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber kleineren Arten. „Wir vermuten, dass die günstige Kombination aus diesen drei Eigenschaften dieser Vogelgruppe bei der weltweiten Ausbreitung geholfen hat“, erklärt Garcia-Porta.

Neuer Ort, neues Aussehen

Bei ihrer Ausbreitung über den Globus entstanden schnell neue Merkmale und Anpassungen, wodurch die Tiere in der Arktis genauso gut leben können wie in den Tropen. Heute gibt es etwa eine große Vielfalt bei den Schnabelformen oder der Körpergröße.

Laut den Forscherinnen und Forschern erzeugten die vielen neuen Umgebungen vermutlich einen hohen Selektionsdruck. Das Tempo der Evolution war bei Krähen und Raben tatsächlich schneller als bei allen anderen Mitgliedern der Familie der Rabenvögel.