Lithium Batterien für E-Autos
AFP/Richard A. Brooks
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Energiewende

Wie sich Europas „Metallhunger“ stillen lässt

Die EU möchte erneuerbare Energietechnologien wie etwa Batterien für Elektroautos zukünftig selbst herstellen. Dafür braucht sie Metalle wie Lithium, Kobalt, Nickel und Seltene Erden. Im kommenden Jahrzehnt könnte es zu Lieferengpässen kommen, zeigt eine aktuelle Studie. Anschließend sei es möglich, bis zu drei Viertel des Bedarfs durch Recycling zu decken.

Die Energiewende ist auch eine Rohstoffwende. Laut der Internationalen Energieagentur wird die Einhaltung des Pariser Abkommens den globalen Bedarf an Metallen bis 2050 nahezu verdoppeln. Für Elektroautos, Solarpaneele, Windturbinen und den Ausbau des Stromnetzes braucht man vor allem Aluminium und Kupfer; für Autobatterien, Wasserstofftechnologien und Permanentmagnete Nickel, Seltene Erden und Lithium.

Tiefgreifende Umwälzungen

Was „Basismetalle“ wie Aluminium und Kupfer betrifft, wird die Nachfrage in der EU bis 2050 zwar steigen, mit einem Plus von rund 35 Prozent aber im Rahmen bleiben, sagt Liesbet Gregoir, die am Department of Materials Engineering der KU Leuven forscht. Anders sehe es bei Batteriemetallen und Seltenen Erden aus. Das 35-fache an Lithium und die bis zu 26-fache Menge bestimmter Seltener Erden werde 2050 benötigt. „Natürlich ist jeder Prozentsatz sehr hoch, wenn man von einer sehr niedrigen Basis ausgeht, aber das wird für Europa wirklich ein Wendepunkt sein.“

Abbaupotenziale heben

Das Potenzial, sich selbst mit Metallen zu versorgen, sei in der EU zwar vorhanden, jedoch im Vergleich zum Bedarf relativ gering, sagt die Geologin Gregoir, die an der heute veröffentlichten Studie Metals for Clean Energy mitgearbeitet hat. Die Kapazität bereits existierenden Kupfer- und Zink-Abbaugebieten gehe zurück; neue Projekte, gerade was den Lithium-Abbau betrifft, würden zwar diskutiert, jedoch nicht konkret umgesetzt. Es sei wichtig das vorhanden Potenzial zu heben, denn beim Abbau in der EU müssen geltende Umwelt- und Sozialstandards eingehalten werden. In Europa hergestellte Metalle hätten einen im globalen Vergleich geringeren durchschnittlichen CO2-Fußabdruck.

Importabhängigkeit unvermeidbar

„Selbst wenn wir die Abbaukapazitäten in Europa maximieren, bleiben wir aber von Importen abhängig“, sagt Liesbet Gregoir. Was die Importländer betrifft, sei die EU relativ gut aufgestellt und würde Metalle aus vielen verschiedenen Ländern beziehen, wobei es bei bestimmten Metallen große, marktbeherrschende Player gibt. China beispielsweise ist der weltweit führende Raffineriebetreiber für Lithium, Kobalt und Seltene Erden.

Solaranlage
APA/dpa/Sven Hoppe
Für Solarpaneele braucht man vor allem Aluminium und Kupfer

Die größte Herausforderung für den Import sei derzeit der Ukraine-Krieg, sagt die Geologin. Russland versorgt die EU mit Aluminium und Nickel. Es sei fraglich, ob man diese Metalle zukünftig aus anderen Ländern beziehen kann. Der Markt sei angespannt und manche Länder würden verstärkt die Binnennachfrage bedienen und weniger exportieren. „Wir haben jetzt eine gute Diversifikation, aber die Herausforderung wird sein, sie auch in Zukunft zu halten, zumal die Märkte enger werden.“

“Wunderwaffe“ Recycling

Die gute Nachricht: Metalle können wiederverwendet werden. Gelingt es, den Bedarf bis 2040 zu decken, können sie durch effektives und kluges Recycling im Kreislauf gehalten werden. „Bis zu 75 Prozent des Lithium-Bedarfs kann 2050 durch Recycling gedeckt werden“, sagt Liesbet Gregoir. Noch besser sind die Prognosen für Seltene Erden: Diese könnte man ab 2050 sogar exportieren, wenn es gelingt Windkraftanlagen und Elektroautos wiederaufzubereiten. „Das Recycling wird die Hauptantriebskraft sein, was Europas strategische Autonomie in der Metallversorgung betrifft.“

Innovation steigern, Bedarf senken

Das Recycling von Batterien sei derzeit am weitesten fortgeschritten, sagt die Wissenschaftlerin. Aufholbedarf gebe es hingegen was die Wiederaufbereitung von Solarpaneelen betrifft. Hier sei der Abbau Seltener Erden immer noch günstiger als die Rückgewinnung aus ausrangierten Produkten. Es brauche Investitionen in Forschung und Entwicklung, um auch hier die Rückgewinnung ökonomisch lukrativ zu machen.

Neben optimiertem Recycling, einer europäischen Wertschöpfungskette und einer aktiveren globalen Beschaffung könnten auch Verhaltensänderungen helfen, den zukünftigen europäischen „Metallhunger“ zu stillen. Beispielsweise entfällt mehr als die Hälfte des zukünftigen Metallbedarfs auf den Verkehrssektor. Werden Fahrzeuge zukünftig geteilt und gemeinsam verwendet, könnte das einen echten Unterschied machen, heißt es in der Studie.