Läufer am Wasser
Gillian Phillips
Gillian Phillips
Tempo

Menschen laufen im Energiesparmodus

Mit dem Frühjahr hat für viele wieder die Laufsaison begonnen. Manche möchten schneller werden, andere ein paar Kilos verlieren. Wie eine Studie mit Daten von Fitnesstrackern nun nahelegt, müssen sie dafür erst ihren Körper austricksen. Der tendiert nämlich zu dem Tempo, bei dem die geringste Energie verbraucht wird.

Laufen ist eine recht anstrengende Art der Fortbewegung. Tiere verbrauchen dabei mehr Energie als beim Gehen, Schwimmen oder Fliegen. Für Menschen ist es noch kräftezehrender. Sie verbrennen etwa doppelt so viele Kalorien wie Säugetiere mit vergleichbarer Größe, schreiben die Forscherinnen und Forscher um Jessica C. Selinger von der kanadischen Queen’s University in ihrer kürzlich im Fachmagazin „Current Biology“ erschienenen Studie.

Dafür – das dachte man zumindest lange Zeit – können Menschen ihr Lauftempo automatisch relativ gut an die Entfernung anpassen, also kurze Strecken sehr schnell und längere eher gemächlich laufen, bei relativ gleichbleibenden Energieverbrauch pro Distanz.

Man kennt das von Laufwettbewerben, wo es natürlich um Zeit geht, aber man würde es auch intuitiv annehmen, betont Selinger in einer Aussendung. Das wäre in Urzeiten tatsächlich sehr nützlich gewesen, etwa bei der Jagd – je nachdem, welches Tier gerade im Visier war. Laborexperimente legen allerdings etwas anderes nahe: nämlich dass der Mensch dazu tendiert, immer in dem Tempo zu laufen, bei dem er die geringste Energie verbraucht, egal wie lang die zu laufende Strecke ist.

Immer das gleiche Tempo

Ob das auch im echten Leben der Fall ist, haben Selinger und Co. nun mit Daten von mehr als 4.500 Hobbyläuferinnen und -läufern im Alter von 16 bis 83 Jahren untersucht, etwas mehr als ein Drittel war weiblich. Gesammelt wurden die Daten von Fitnesstrackern in einem Zeitraum von ungefähr 14 Monaten. Zusätzlich zu den automatischen Aufzeichnungen standen Angaben zu Gewicht, Größe, Alter und Geschlecht zur Verfügung. Insgesamt waren es 37.200 Einzelläufe bzw. mehr als 28.000 Laufstunden.

Läuferin am Wasser
Mohammad Mohammad
Der Mensch bevorzugt ein Lauftempo, bei dem besonders wenig Energie verbraucht wird.

Zuerst analysierte das Team, ob die Läufer ihr Tempo an die Entfernung anpassen, indem sie Laufstrecken unterschiedlicher Länge von ein- und derselben Person verglichen. Tatsächlich liefen die Hobbysportler und -sportlerinnen immer fast gleich schnell, egal ob sie drei, fünf oder zehn Kilometer absolvierten. Nur bei Strecken von mehr als zehn Kilometer wurden sie geringfügig langsamer. Wie Selinger und ihre Koautoren schreiben, könnte bei Laufzeiten von über einer Stunde andere bremsende Faktoren zum Tragen kommen, z. B. zunehmende Erschöpfung.

Optimaler Verbrauch

Ob das gelaufene Tempo für die jeweiligen Läufer optimal war, was den Energieverbrauch betrifft, versuchten die Forscherinnen und Forscher durch einen Vergleich mit Laborexperimenten herauszufinden. Dort liefen Testpersonen unterschiedliche Geschwindigkeiten auf einem Laufband, gleichzeitig wurde ihr Kalorienverbrauch gemessen. Auf diese Weise konnte man feststellen, welches Tempo am energieeffizientesten ist.

Durch Ähnlichkeiten beim Alter, beim Geschlecht, der Größe und dem Gewicht ließ sich dann auf den Verbrauch der getrackten Läufer schließen. Laut den Studienautorinnen und -autoren war das im Freiland gelaufene Tempo – gemessen an den Labordaten – tatsächlich optimal. D.h., bei der gewählten Geschwindigkeit wurden besonders wenig Kalorien verbraucht. Im Schnitt liefen die Frauen im Freiland 2,74, die Männer 3,25 Meter pro Sekunde.

Mit Tricks arbeiten

Für Menschen, die auch laufen, um ein paar Kilogramm abzunehmen, ist das keine gute Nachricht, aus evolutionärer Sicht sei es aber sinnvoll, möglichst wenig Energie bei der Fortbewegung zu verbrauchen, betonen die Autoren. Auch Tiere verwenden in der Regel die sparsamste Fortbewegungsart.

Heutige Läuferinnen und Läufer haben aber andere Ziele, z. B. wollen sie schneller werden. Um das zu erreichen, müssten sie vielleicht ein paar Tricks anwenden: „Schnelle Musik hilft dabei, die Schrittfrequenz und somit das Tempo zu erhöhen“, so Selinger, auch ein schnellerer Laufpartner könne einen anspornen. Vorerst offen bleibe, ob sich das präferierte Tempo durch Lauftraining zumindest langfristig steigern lässt.