Seehund, Junges
APA/dpa
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Biologie

Junge Seehunde tricksen mit ihrer Stimme

Seehundjunge können sich mit ihren Rufen größer oder kleiner schummeln. Zu verdanken haben sie diesen Trick vermutlich ihrer Fähigkeit, ihre Stimmbänder gezielt anzusteuern, wie eine Studie zeigt.

Bei Säugetieren existiert eine Faustregel, wonach Körpergröße und Lautfrequenz eng miteinander verbunden sind – je größer sie sind, desto tiefer rufen sie. Fachleuten nennen dies akustische Allometrie. Doch es gibt Ausnahmen, wie beispielsweise bei jungen Seehunden. Mit ihren Rufen tricksen sie andere Tiere aus, indem sie je nach Situation vorgeben größer oder kleiner zu sein, heißt es in der Studie wurde nun im Fachjournal „Journal of Experimental Biology“ veröffentlicht wurde.

Tiere, die die Allometrie durchbrechen, werden in zwei Gruppen eingeteilt. Es gibt solche, deren Rachen-, Mund- und Nasenraum, der sogenannte Vokaltrakt, anatomisch ebenfalls nicht zur Körpergröße passt, was die Fähigkeit zur Laut-Schummelei erklären kann. Andere wiederum sind in der Lage, neue Laute zu erlernen, ohne dass die Anatomie dabei eine Rolle spielt.

Fähigkeit endet nach Trennung von Mutter

Die Forscherteam um Koen de Reus vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik im niederländischen Nijmegen bestätigten nun, dass für Seehunde letzteres gilt: Während es keine anatomischen Erklärungen für ihre stimmlichen Fähigkeiten gibt, scheinen sie äußerst begabte Vokallerner zu sein, wie das Team mit Beteiligung der Universität Zürich in der Studie berichtet.

Seehunde, Junges, Mutter
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Die Vermutung: Das Gehirn der Seehundjungen ist so verdrahtet, dass die neuronalen Prozesse es ihnen erlauben, die Stimmorgane zu kontrollieren und so die Laute mit ein wenig Übung gezielt zu modulieren. Für die Studie griffen die Forschenden auf 68 Körper von verstorbenen Jungtieren zurück, deren Größe sowie Vokaltrakte sie vermaßen. Diese Informationen verknüpften sie anschließend mit akustischen Aufnahmen.

Warum junge Seehunde lernen, unehrliche Informationen mit ihrer Stimme zu transportieren, sei unklar, sagte de Reus. Möglicherweise versuchen sie mit tieferen Rufen ihre Rivalen zu beeindrucken und umgekehrt mit höheren Tönen die Aufmerksamkeit der Mutter zu gewinnen. Bemerkenswerterweise nutzen die Seehunde ihre stimmlichen Fähigkeiten nur für kurze Zeit. Nach rund vier Wochen trennen sie sich von ihrer Mutter, werden selbstständig – und verstummen bis auf wenige Klick- und Knurrlaute fast gänzlich.