Satellitenaufnahme eines ukrainischen Dorfes
APA/AFP/Satellite image 2022 Maxar Technologies
APA/AFP/Satellite image 2022 Maxar Technologies

Satellitenbilder sind kaum zu fälschen

Satellitenbilder werden immer wichtiger, wenn es darum geht, über Kriegs- und Krisengebiete zu berichten und aufzuklären. Gleichzeitig kursieren vermehrt Gerüchte, solche Bilder könne man fälschen. Theoretisch sei das zwar möglich, lautet eine Expertenmeinung, praktisch aber kaum.

Das Massengrab mit vermutlich tausenden ukrainischen Kriegsopfern in der Hafenstadt Mariupol ist nur das jüngste Beispiel dafür, was Satellitenbilder für die Aufklärung von Kriegsverbrechen, aber auch für das Beobachten von Kriegsstrategien und Fluchtbewegungen leisten. Grundsätzlich sind Satellitenbilder eine der objektivsten Quellen, meint Stefan Lang, Geoinformatiker der Universität Salzburg und Leiter des Christian Doppler Labors für Raumbezogene und EO-basierte humanitäre Technologien.

Technik ist vom Menschen abhängig

Die höchste Auflösung bieten kommerzielle Anbieter wie etwa Maxar, der auch die Aufnahme des Massengrabs in Mariupol gemacht hat. Eine Manipulation von Satellitendaten sei technisch grundsätzlich möglich, denn Technologie sei eben immer vom Menschen abhängig, könne daher auch nicht als völlig unabhängige, rein objektive Quelle betrachtet werden. Das zeigt sich nicht zuletzt darin, dass Bilder immer interpretiert werden müssen und nicht für sich alleine stehen.

Doch zur technischen Manipulation: Diese müsste stattfinden, wenn die Bilder vom Satelliten aufgenommen wurden, aber noch nicht in die Datenbank transferiert wurden. Dieser Schritt wird von Menschen übernommen, und hier wäre auch die Gelegenheit zum Fälschen. Allerdings nur theoretisch, so der Geoinformatiker.

Potentielle Fälscher hätten Zeitproblem

Denn wer Satellitenbilder manipulieren möchte, hat ein Zeitproblem: Sobald die Bilder in der Datenbank sind, kann die ganze Welt darauf zugreifen, eine nachträgliche Fälschung würde sofort entlarvt. Die Anbieter nehmen das Material üblicherweise auf, wenn es einen Auftrag dafür gibt. Und das Zeitfenster von der Produktion zum Kunden sei eng. „Wenn der Bedarf besteht, dann werden die Bilder aufgenommen, und der Kunde will sofort wissen, wie das ausschaut.“

Man nehme an, jemand möchte die Richtung einer Panzerkolonne auf einem Satellitenbild manipulieren. Statt von Ost nach West soll die Kolonne nun von West nach Ost fahren, um beispielsweise zu behaupten, statt angreifenden russischen Truppen würden hier ukrainische Truppen nach Russland fahren. Dann müsste jemand in einem sehr aufwendigen Verfahren alle Panzer drehen, ohne dass es auffällt.

„Es gibt nicht nur die augenscheinliche Auffälligkeit, dass man sagt, das ist irgendwie bearbeitet worden wie bei einer schlechten Bildverarbeitung, sondern es gibt statistisch hochsensible Verfahren, die das sofort sichtbar machen würden“, sagt Lang. Davon abgesehen habe jede Aufnahme Geodaten, womit der Ort des Geschehens eindeutig lokalisierbar sei.

Bilder stammen aus mehreren Quellen

Ein weiteres Beispiel: Auf Satellitenbildern war vor einiger Zeit zu erkennen, dass eine Kirche in der Ukraine von einer Bombe getroffen wurde, deutlich erkennbar gab es eine Explosion. Natürlich könne man rein theoretisch die Daten, bevor sie in die Datenbank kommen und verteilt werden, mit Photoshop bearbeiten und diese Explosion künstlich auf dem Bild erzeugen, so Lang. Es gebe aber auch "andere Satellitenbilder, die zwar gröber aufgelöst sind, aber auch auf diesen erkennt man die Explosion, nur eben unschärfer.“

Die ESA-Satellitenflotte „Sentinel“ mache Bilder, die für jeden frei verfügbar sind. „Somit habe ich zwei Evidenzen, und da wird es extrem schwierig zu sagen, beide seien manipuliert“, so Lang. Sein Fazit: Satellitenbilder zu fälschen sei grundsätzlich möglich, praktisch aber nicht durchführbar.