Künstlerische Illustration von Quantensystem und Bienen
Christoph Hohmann (MCQST Cluster)
Christoph Hohmann (MCQST Cluster)
Physik

Quantensysteme ähnlich wie Bienenflug

Nur 51 geladene Atome können in einem Quantensystem mehr als zwei Billiarden Zustände einnehmen: Selbst Supercomputer schaffen ihre Berechnung kaum. Dennoch lässt sich das System laut einer neuen Studie mit Gleichungen der klassischen Physik vorhersagen, die auch den Flug von Bienen beschreiben.

Seit Jahren arbeiten Innsbrucker Physiker an der Entwicklung von Quantencomputern und Quantensimulatoren. Sie setzen dabei auf geladene Atome (Ionen), die wie auf einer Perlenschnur aufgereiht bei ultrakalten Temperaturen im Vakuum in Magnetfallen gehalten werden. Der aus 51 Ionen bestehende Quantensimulator, den Christian Roos vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Innsbruck und sein Team entwickelt hat, sei „ein spezieller Quantenprozessor, der nicht alles kann, was ein Quantencomputer können würde“.

Oder wie Entwicklung von Börsenkursen

Das System eignet sich aber dafür, bestimmte Modelle in der Quantenpyhsik zu untersuchen. Auch wenn es nur aus 51 Atomen besteht, würde an einer solchen Aufgabe ein klassischer Computer schnell scheitern.

Denn selbst wenn die 51 Ionen nur jeweils zwei Zustände einnehmen können, ergeben sich damit mehr als zwei Billiarden verschiedene Möglichkeiten für das System. Zudem kann sich darin eine Anregung auch sprunghaft weiterbewegen. Sie breitet sich dann nicht nur von Atom zu Atom aus, sondern kann sich auch in größeren Sprüngen fortpflanzen. Mathematisch lässt sich eine solche Form der Ausbreitung mit der sogenannten „Lévy-Flug-Statistik“ beschreiben – ähnlich wie auch die Entwicklung von Börsenkursen oder die Suchstrategie von Bienen.

„Eigentlich würde man denken, dass ein solches System aufgrund der Wechselwirkungen der Teilchen einen fürchterlich komplizierten Quantenzustand einnimmt“, erklärte Roos gegenüber der APA. Doch aufgrund von Beobachtungen haben Forscher der Technischen Universität (TU) München vermutet, dass sich das längerfristige Verhalten eines solchen Quantensystems mit Gleichungen aus der klassischen Physik beschreiben lässt. Dabei handelt es sich um Formeln, die die Schweizer Gebrüder Bernoulli im 18. Jahrhundert aufgestellt haben, um das Verhalten von Flüssigkeiten (Fluiddynamik) zu beschreiben.

Experimentell überprüft

Die Innsbrucker Forscher um Roos haben nun experimentell überprüft, ob ihr Quantensystem tatsächlich diesen Gleichungen folgt. Wie sie nun im Fachjournal „Science“ berichten, dominieren in der Anfangsphase noch quantenphysikalische Effekte. „Längerfristig können diese aus der klassischen Physik stammenden Gleichungen aber tatsächlich das Verhalten unseres Quantensystems gut beschreiben“, so Roos.

Das ermöglicht aber auch, das Pferd von hinten aufzuzäumen, schlug Co-Autor Michael Knap von der TU München vor: Ist man davon überzeugt, dass sich ein Quantensystem nach den aus der Fluiddynamik bekannten Gleichungen verhält, kann man auch überprüfen, ob ein Quantensimulator tatsächlich diese Vorhersage macht. Tut er das nicht, ist das ein Hinweis, dass etwas nicht richtig funktioniert.