Standardisierung

Warum Standards wichtig sind

Heimische Forschung besser mit internationalen Standards vernetzen und Ergebnisse rascher auf den Markt bringen – das sind zwei der Ziele des Normungsinstituts Austrian Standards. Forschungsprojekte sollen so nicht nur über die österreichischen Grenzen hinaus bekanntwerden, auch der Wirtschafts- und Innovationsstandort Österreich könnte profitieren.

Bei der Standardisierung geht es um das Vereinheitlichen von Bauteilen, Prozessen, Fertigungsverfahren oder Maßeinheiten. Die daraus resultierenden Standards sollen helfen, Produkte, Dienstleistungen oder Forschungsergebnisse international miteinander kompatibel und vergleichbar zu machen.

Von der VHS zum ruckelfreien Streaming

Ein bekanntes Standardisierungsbeispiel aus der Welt der Technik ist etwa die Konkurrenz zwischen verschiedenen Videokassettensystemen am Ende des 20. Jahrhunderts. Das VHS-Format hat sich damals gegen Betamax und Video 2000 als Standard durchgesetzt und wurde, bis es von der DVD abgelöst wurde, auf der ganzen Welt genutzt.

Dass heutzutage auch DVDs nicht unbedingt zeitgemäß sind und Filme immer öfter online konsumiert werden, hat sich das in Kärnten gegründete Unternehmen Bitmovin zunutze gemacht. Die Unternehmer waren maßgeblich an der Entwicklung eines Standards für ruckelfreies Videostreaming beteiligt. Heute ist das Unternehmen auf der ganzen Welt vertreten und hat seinen Hauptsitz neben Wien und Klagenfurt im US-amerikanischen Silicon Valley. Firmen wie Youtube und Netflix nutzen den Standard.

Gemeinschaftlicher Prozess

Derartige Standards zu entwickeln, sei aber mit einem gewissen Aufwand verbunden, erklärt Karl Grün vom österreichischen Normungsinstitut Austrian Standards gegenüber science.ORF.at: „Was Standard ist, darf nicht ein einzelnes Unternehmen bestimmen. Das ist in einem offenen, transparenten Prozess zu klären.“

Laut Grün, der die Abteilung „Standards Development" beim Normungsinstitut leitet, müssen in diesen Prozess viele verschiedene Akteure eingebunden werden, die mit den Produkten oder Forschungsergebnissen in Verbindung stehen – seien es Entwickler, Konsumenten, Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft oder andere Stakeholder.

Dabei will das österreichische Normungsinstitut, das Teil eines internationalen Netzwerks in über 160 Ländern ist, helfen. Austrian Standards-Sprecher Niklas Jelinek erklärt: „Wir sind dazu da, kluge Köpfe bei der Erarbeitung dieser Standards zu unterstützen und ihnen die dafür nötige Infrastruktur zu bieten.“ Unter anderem erleichtere das Normungsinstitut den Erfahrungsaustausch mit internationalen Expertinnen und Experten.

Mikroplastik international vergleichen

Neben Bitmovin gibt es laut Grün einige weitere Beispiele aus Österreich, bei denen heimische Expertinnen und Experten international bedeutende Standards erarbeitet haben. Er nennt etwa das Wiener Unternehmen Purency, das mithilfe von Standards und maschinellem Lernen eine Grundlage für eine genauere Analyse von Mikroplastik geschaffen hat. Grün: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Purency haben ihre Forschungsergebnisse in die Standardisierung auf internationaler Ebene eingebracht und es so geschafft, verschiedene Kunststoffe relativ einfach analysieren und die Ergebnisse international vergleichen zu können.“

Rang acht bei Innovationsranking

Standards aus Österreich, die auf der ganzen Welt genutzt werden, sorgen nicht nur bei den jeweiligen Unternehmen oder Forscherteams für internationale Anerkennung, auch der generelle Ruf des Innovationsstandortes Österreich werde gestärkt.

Österreich wies im Jahr 2020 bei den Forschungsausgaben gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit 3,22 Prozent hinter Schweden (3,53 Prozent) und Belgien (3,48 Prozent) zwar die dritthöchste Forschungsquote innerhalb der EU auf. Im EU-Innovationsranking „European Innovation Scoreboard“ (EIS) ist das Land aber mit Rang acht nicht unter den führenden Nationen.

Forschung und Standardisierung besser vernetzen

Um das zu ändern, dürfe man die Überleitung der Forschungsergebnisse in tatsächliche Innovationen und Produkte nicht verschlafen, wie Ludovit Garzik in einem Gespräch mit der APA erklärt. Garzik, der seit 2005 Geschäftsführer des Rates für Forschung und Technologieentwicklung (RFTE) ist, sagt: "In der Innovationsüberleitung haben wir ein paar Defizite und da gehört auch die Standardisierung dazu.“

Um österreichische Forschungsergebnisse künftig schneller auf den Markt zu bringen und Forschung und Standardisierung generell besser zu vernetzen, hat Austrian Standards Ende April den „Präsidialratsausschuss Forschung, Innovation & Standardisierung“ ins Leben gerufen. Garzik hat den Vorsitz des Rates übernommen.

Verankerung im Bildungswesen

Bis zur nächsten Sitzung des Präsidialratsausschusses im November wollen die 16 Mitglieder unter anderem Maßnahmen entwickeln, um das generelle Bewusstsein für Standardisierung zu erhöhen. Erreichen will der Ratsvorsitzende unter anderem, das Thema gezielt im Bildungswesen zu verankern – etwa bereits bei Lehrenden an Pädagogischen Hochschulen. Garzik: "Es ist wichtig, dass die Menschen, die später aus dieser Ausbildung rauskommen, das Thema schon mittragen.“

Der gleichen Meinung ist auch Grün: „Ein Werkzeug ist nur so gut, wie jene, die das Werkzeug bedienen.“ Auch er ist daher für ein möglichst frühes Auseinandersetzen mit dem Thema Standardisierung. Nur so könne die nächste Generation an Forscherinnen und Forscher das darin noch schlummernde Potential voll nutzen.