Große Tümmler, Mutter und Nachwuchs
AFP/DPA/ROLAND WEIHRAUCH
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Kommunikation

Delfine erkennen Freunde am Urin

Delfine erkennen ihre Artgenossen durch den Geschmack ihres Urins. Laut einer aktuellen Studie halten sie ihr Maul offen und probieren den Urin von vertrauten Individuen länger als den von unbekannten.

„Das ist wichtig, weil Delfine die ersten Wirbeltiere sind, bei denen eine soziale Erkennung allein durch den Geschmack nachgewiesen wurde“, so Jason Bruck von der Stephen F. Austin State University, Erstautor der im Fachmagazin „Science Advances“ veröffentlichten Studie. Die Nutzung des Geschmackssinns als Erkennungsmethode könnte im offenen Ozean sehr vorteilhaft sein, da Urinfahnen noch eine Weile nach dem Wegschwimmen eines Tieres bestehen bleiben.

Bisher war bekannt, dass die untersuchten Großen Tümmler ihre Artgenossen gezielt über Pfeifgeräusche ansprechen. Allerdings ist es bei den Tieren auch üblich, die Genitalien ihrer Artgenossen mit dem Maul zu berühren, was zumindest die Möglichkeit bietet, deren Urin zu schmecken. Delfine haben keine Riechkolben, so dass sie anders als andere Tierarten ihre Artgenossen nicht am Geruch erkennen können.

Pfeiftöne und Urin

Um ihre Theorie zu untersuchen, trainierten die Forscherinnen und Forscher acht Große Tümmler zunächst, Urinproben im Austausch für Futter abzugeben. Anschließend legten die Forscher den Tieren Urinproben von bekannten und unbekannten Artgenossen vor. Dabei stellten sie fest, dass die Tiere etwa dreimal so viel Zeit mit dem Urin bekannter Tiere wie dem Urin von ihnen unbekannten Tümmlern verbrachten.

In einem weiteren Experiment spielten die Forscher zusätzlich zu den Urinproben noch Pfeiftöne von Delfinen ab. Die Delfine blieben dabei länger in der Nähe des Lautsprechers, wenn die Töne vom gleichen Tier wie die Urinprobe stammten. Die Forscher deuten dieses Verhalten bei übereinstimmenden Signalen als Zeichen, dass die Tümmler bekannte Tiere erkannt haben.

Problem Umweltverschmutzung

Die Forscher vermuten, dass wasserunlösliche fettähnliche Stoffe, sogenannte Lipide, einzigartige chemische Signaturen bilden, die die Delfine erkennen. Es sei „wahrscheinlich, dass Delfine auch andere Informationen aus dem Urin extrahieren können, wie beispielsweise den Fortpflanzungszustand“, heißt es in der Studie. Auch könnten sie möglicherweise Botenstoffe im Urin einsetzen, um das Verhalten ihrer Artgenossen zu beeinflussen.

Die Forscher warnen, dass vom Menschen verursachte Umweltverschmutzungen wie Öllecks oder andere chemische Abwässer die Fähigkeit der Delfine, sich gegenseitig zu schmecken, beeinträchtigen könnten. Dies muss allerdings noch weiter untersucht werden.

Auch Menschen besitzen das Gen, das Delfinen das Erkennen der Lipide ermöglicht. Menschen hilft es zu erkennen, wann sie genug gegessen haben. Die Untersuchung des Gens bei Delfinen könnte daher zu einem besseren Verständnis der Funktionsweise beim Menschen beitragen.