Von dem Bakterium befallener Olivenbaum
AFP – VINCENZO PINTO
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Pflanzenzucht

Bakterienresistente Olivenbäume aus Wien für Süditalien

Seit Jahren wütet in Süditalien einer der weltweit gefährlichsten Pflanzenschädlinge. Das Bakterium Xylella Fastidiosa befällt Olivenbäume und gefährdet Italiens wichtigste Olivenölregion. An der Universität für Bodenkultur Wien wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun resistente Olivensorten züchten.

Das Bakterium Xylella Fastidiosa (Feuerbakterium) stammt eigentlich aus Lateinamerika. Man vermutet, dass es als blinder Passagier auf einer Zierpflanze nach Süditalien gereist ist. Befällt es eine Pflanze, setzt es sich an den Wasserleitungsbahnen fest, die Pflanze verdurstet regelrecht. Im heißen Klima Süditaliens fand das Bakterium ideale Bedingungen, um sich zu verbreiten. Xylella Fastidiosa hat in Apulien Millionen an Bäumen auf dem Gewissen.

Kein probates Mittel bekannt

Von Baum zu Baum gelangt das Bakterium durch Schaumzikaden (Philaenus spumarius). „Je wärmer das Klima wird, desto leichter wird es für die Zikaden, sich in Europa auszubreiten und zu vermehren“, sagt Margit Laimer, Leiterin der Pflanzenbiotechnologiegruppe an der Universität für Bodenkultur Wien.

Xylella Fastidiosa wird als eines der zehn wichtigsten pflanzenpathogenen Bakterien gewertet und in der EU als Quarantäneorganismus geführt. Derzeit gibt es kein wirksames Mittel gegen das Bakterium. Neben Olivenbäumen sind mittlerweile mehr als 600 weitere Wirtspflanzen bekannt, darunter Oleander, Steinobst- und Zitrusbäume. Das macht den Mikroorganismus so gefährlich.

Zwei verschiedene Ansätze

Da die Bekämpfung der Schaumzikaden nur kurzfristig hilft, wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Boku mit biotechnologischen Methoden resistente Pflanzsorten zu züchten. Die Forscher und Forscherinnen legen dafür Gewebekulturen der Pflanzen an und setzen sie verschiedenen Mutationseinflüssen aus, etwa durch Gamma- und Röntgenstrahlen oder chemische Beeinflussung. „Wir arbeiten nach dem Zufallsprinzip, wir versuchen eine neue genetische Zusammensetzung zu erzeugen“, sagt Margit Laimer. Der Ansatz ist aufwändig, denn es geht darum, zehntausende von genetischen Kombinationen zu vergleichen.

Von dem Bakterium befallene Olivenbäume
AFP – CHARLES ONIANS

Neben diesem Zugang wollen die Fachleute auch einzelne Gene gezielt beeinflussen, etwa durch die Genschere CRISPR-Cas. Denn das Bakterium dockt über bestimmte Moleküle an der Pflanze an. Schafft man es dieses Einfallstor der Pflanze zu blockieren, ist das Bakterium chancenlos. „Früher dachte man immer, man müsse die Pflanze stärken, also sie mit Resistenzen ausstatten. Heute arbeiten wir umgekehrt. Wir nehmen der Pflanze etwas weg, damit sie mit dem Bakterium nicht mehr kommunizieren kann.“

Robust und schmackhaft

Das Team der BOKU kooperiert mit einem italienischen Forschungsinstitut in Bari, das seit Ausbruch der Xylella-Seuche in Apulien am Bakterium forscht. Margit Laimer und ihre Kollegen werden mit den Gewebekulturen und Setzlingen nach Italien reisen, um sie vor Ort mit dem Bakterium zu infizieren.

In fünf Jahren rechnen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit ersten Ergebnissen. Das ist in der Pflanzenzüchtung ein kurzer Zeitraum. Auf konventionellem Weg dauert es dreimal so lange, um neue Sorten zu züchten.

Unter den mehr als 1.000 im Mittelmeerraum bekannten Olivensorten wurden bereits einige identifiziert, die sich gegenüber Xylella Fastidiosa robust zeigen. Allerdings sind die robusten Sorten weniger schmackhaft, während die wohlschmeckenden Sorten weniger robust sind. Resistent gegenüber Xylella zu sein, ist daher nicht das einzige Kriterium für eine neue Sorte. „Eine neue resistente und schmackhafte Sorte allein wird nicht reichen, weil diese anfällig für neue Krankheiten sein kann“, sagt Margit Laimer. Sobald eine geeignete Züchtungsmethode feststeht, lässt sie sich auf andere Olivensorten übertragen.