Künstliche Pfütze im Laubwald
Robin Schütz/ Universität Duisburg-Essen
Robin Schütz/ Universität Duisburg-Essen
Biodiversität

Insekten sammeln im Regen

Um Biodiversität zu erhalten, sind Wälder besonders wichtig. Aber die Diversität im Wald zu untersuchen ist schwierig – vor allem, wenn Organismen hoch oben in Bäumen leben. Deutsche Forscher haben jetzt eine neue Methode getestet: Sie untersuchten Regenwasser, das aus den Baumkronen DNA-Spuren von Insekten mit nach unten spült.

Die Idee ist, eine Pfütze zu bauen – einen Quadratmeter groß und mit Überlaufsicherung. Insektenforscher Thomas Hörren hat mit seinem Team der Universität Duisburg-Essen in einem Wald am Niederrhein Regen aufgefangen und darin Genspuren von Insekten gesucht. „Der Ansatz ist weltweit einmalig.“ Aber wie chancenreich ist er? Im Preprint „It’s raining species“ sind die Testergebnisse veröffentlicht.

Plane statt Luftschiff

Wenn es um die Diversität in Baumkronen geht, gibt es ein Problem: „Bäume sind leider sehr große Pflanzen. Das heißt, wir kommen nicht allzu gut da hoch“, erklärt Thomas Hörren. Bis jetzt haben Forscherinnen und Forscher auf Gerüsten händisch Insekten gesammelt oder sind mit Seilen in die Bäume geklettert. In Tropenwäldern wurden sogar Luftschiffe verwendet, die nah über die Bäume flogen. Der Regensammler soll im Gegensatz dazu eine Methode sein, die einfach und günstig ist und Organismen berücksichtigt, die nicht per Hand gesammelt werden können.

Künstliche Pfütze im Laubwald
Robin Schütz/ Universität Duisburg-Essen
Künstliche Pfütze im Wald

Alles, was für den Regensammler gebraucht wird, gibt es im Baumarkt. „Ein paar Rohrverbindungen mit Eckstücken, und wir haben mit mehreren Kabelbindern eine Plane dran befestigt – so, dass sie leicht durchhing.“ So konnte der Regen wie in ein Sprungtuch fallen. Im nächsten Schritt wurde er gefiltert und dann im Labor auf environmental DNA (eDNA) untersucht, also Umwelt-DNA. Das sind Genspuren, die Organismen in ihrer Umwelt hinterlassen und die, wenn es regnet, vom Regen mitgerissen werden.

Es wurde Genmaterial von insgesamt 43 wirbellosen Tierarten, vor allem Schmetterlingen und Käfern, in der Probe gefunden. Um sicherzugehen, dass das Material wirklich aus den Baumkronen stammte, hat Thomas Hörren vor der Analyse alle sichtbaren Insekten aussortiert, die zufällig in der Probe gelandet sein könnten. Die gefundene eDNA stimmte mit keiner der aussortierten Insekten überein.

Studiendesign fehlt noch

Der Test zeigt, dass die Methode grundsätzlich funktioniert. Wobei sie vermutlich nur einen kleinen Ausschnitt der Biodiversität in Baumkronen erfasst. Mit eDNA zu arbeiten, ist eine noch sehr junge Variante, Biodiversität zu messen. Sie wird auch in Österreich angewandt, weiß Berthold Heinze vom Bundesforschungszentrum für Wald, bisher aber vor allem für Untersuchungen in Gewässern und von Fischen.

Aufgefangenes Regenwasser wird untersucht, Hände mit Handschuhen
Robin Schütz/ Universität Duisburg-Essen
Das aufgefangene Regenwasser wird untersucht

Den Regensammler in Österreich zu verwenden, kann er sich vorstellen, zum Beispiel für Monitoring-Netze. Obwohl er Zeltfallen bevorzugt, um fliegende Insekten im Wald zu fangen, und Fallen mit Lockstoffen, um Schädlinge zu entdecken, hält er den Regensammler für einen guten Einfall. „Das ist ein interessanter Ansatz und könnte uns ein Universum der in Baumkronen lebenden Arten zeigen, zu dem wir vielleicht sehr wenig wissen.“ Allerdings fehle der Methode im Moment noch ein Studiendesign, das standardisierte und vergleichbare Versuche möglich macht.