Forscher im Labor mit Covid-Impfstoff
Adobe Stock/Robert Kneschke
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Pandemie

Gesucht: Vertrauen in die Wissenschaft

Welche Lehren lassen sich aus zwei Jahren Pandemie ziehen? Und wie könnte man sich auf zukünftige Krisen vorbereiten? Diese Fragen diskutieren derzeit Fachleute bei einem Kongress in Wien. Ein Zwischenergebnis: Herr und Frau Österreicher können mit Wissenschaft erstaunlich wenig anfangen.

Seit der letzten Eurobarometer-Umfrage ist klar: Sowohl mit der wissenschaftlichen Grundlagenbildung als auch mit Akzeptanz von Forschung ist es in Österreich nicht allzu weit her. Diesem ernüchternden Bild kann der Kommunikationswissenschaftler Jakob-Moritz Eberl ein paar aufschlussreiche Details hinzufügen. Er hat herausgefunden, dass die Skepsis gegenüber der Wissenschaft auch eine persönliche Note aufweist. Es sind nämlich nicht nur die wissenschaftlichen Inhalte, denen man hierzulande mit Distanz oder gar Ignoranz begegnet, sondern auch die Forscher und Forscherinnen selbst.

Populismus prägt das Bild

All diese Einzelbefunde ordnet Eberl zu einem gesellschaftlichen Syndrom, das er „wissenschaftsbezogenen Populismus“ nennt. Dieser hat mit dem politischen Populismus zunächst gemeinsam, dass Volk und Eliten als Gegensatz gedacht werden: hier die Mächtigen, die ohnehin tun, was sie wollen; dort die Bürger und Bürgerinnen, die von den Eliten übervorteilt werden. Im Fall des wissenschaftsbezogenen Populismus sind in diesen – so jedenfalls in der Vorstellung mancher – „unheilvollen“ Prozess auch Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen involviert, sie werden „als Teil einer Elite wahrgenommen, die dem Rest der Bevölkerung vorschreibt, was Wissen, was Wahrheit ist. Und dabei durchaus gegen die Interessen der Durchschnittsbürger vorgeht.“

Wobei, wie Eberl herausgefunden hat, es relativ deutliche Unterschiede zwischen geimpften und ungeimpften Personen gibt. Bei Letzteren ist es generell so, dass sie anderen grundsätzlich weniger Vertrauen schenken. Am ehesten tun sie das noch beim näheren Umfeld, also etwa bei Freunden und der Familie. Die Aussagen von Ärztinnen und Experten sehen sie jedenfalls viel skeptischer als Geimpfte.

Grenzüberschreitungen nähren Skepsis

Dass diese Spielart des Populismus gerade in Österreich so weite Verbreitung findet, hat natürlich politische Gründe. Denn schließlich gebe es hierzulande mit der FPÖ eine Partei, die genau solche Stimmungen aufgegriffen hat, so Eberl. Davon abgesehen ist auch in der Wissenschaftskommunikation nicht immer alles ideal gelaufen, sagt die Medienforscherin Friederike Hendriks von der TU Braunschweig. Überraschenderweise wenig Probleme haben die Leute mit der Vorläufigkeit von Wissenschaft: „Das halten die Leute gut aus, bei der Kommunikation von Unsicherheit gibt wenig negative Effekte.“

Sehr wohl negativ ausgewirkt auf das Vertrauen in die Wissenschaft haben sich laut Hendriks Grenzüberschreitungen, die im Laufe der Pandemie im Dreieck Politik, Medien und Wissenschaft passiert sind. Zum Beispiel dann, wenn sich Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen jenseits ihrer Expertise geäußert oder gar selbst zu politisieren begonnen haben. Oder auch, wenn die Politik versucht hat, ihrerseits die Wissenschaft zu instrumentalisieren.

Und natürlich auch dann, wenn Forscher und Forscherinnen an den medialen Pranger gestellt wurden – so geschehen etwa Ende 2021 im „Bild“-Artikel „Die Lockdown-Macher“, der später auch den deutschen Presserat beschäftigen sollte.

“Sorgen der Leute einbeziehen“

Die Medienforscherin kann nebst Manöverkritik auch ein paar positive Empfehlungen für Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen anbieten. Vertrauensbildend sei, „wenn man wirklich versucht zu erklären, was man tut. Und zwar nicht von oben herab. Sondern, indem man versucht, die Fragen und Sorgen der Leute einzubeziehen und offen darüber zu diskutieren“.

Auf diese Weise könnten „Zonen der Begegnung entstehen, in denen authentische Wissenschaft erlebbar wird“. Es gehe also nicht nur um fachliche Expertise, sondern ebenso um menschliche Qualitäten wie Wohlwollen und Mitgefühl. Dann jedenfalls, wenn Wissenschaft mit dem Anspruch auftritt, auch außerhalb der Fachzirkel gehört und verstanden zu werden.