Genetik

Gruppenmitgliedschaft steigert genetische Fitness

Selbst wenn Individuen keine eigenen Nachkommen haben, kann die Mitgliedschaft in einer Gruppe die Überlebenschancen und die Chance auf Weitergabe ihrer eigenen Gene steigern. Das zeigt eine neue Studie.

Scheinbare Selbstlosigkeit bei der Aufzucht von Jungtieren anderer Eltern sei durch natürliche Selektion erklärbar, denn die eigene genetische Fitness könne dadurch wachsen.

„Bei vielen Tiergesellschaften werden die Jungtiere nicht nur von ihren Eltern, sondern auch von anderen Gruppenmitgliedern gepflegt, umsorgt und behütet“, so der österreichische Verhaltensforscher Michael Taborsky und Irene Garcia-Ruiz vom Institut für Ökologie und Evolution der Universität Bern. Ihre Studie wurde im Fachjournal „Science Advances“ veröffentlicht.

„Solange es sich um Geschwister handelt, lässt sich die Evolution solcher Fremdbrutpflege leicht durch Verwandtenselektion erklären, Die Weitergabe der genetischen Anlagen erfolgt über Vollgeschwister nämlich ebenso effizient wie über eigene Nachkommen.“

„Durch das Rundherum bestimmt“

Es gibt laut den Simulationsmodellen aber auch eine biologische Erklärung wieso Betreuer sich um nicht-verwandte Pfleglinge kümmern. Das ist etwa der Fall, wenn sie von zugewanderten Gruppenmitgliedern stammen. „Dies passiert in vielen Gesellschaften, von sozialen Insekten bis zu Menschen. Dann steigert die Vergrößerung der Gruppe die eigenen Überlebenschancen.“ Hier wirke also die „Individualselektion“.

Welcher der beiden Selektionsmechanismen in einer Gruppe vorherrscht, werde durch das Rundherum bestimmt, so Taborsky und Garcia-Ruiz: Unter günstigen Umweltbedingungen sei die Verwandtenselektion von großer Bedeutung für die Entstehung altruistischen Verhaltens.

Auch das Alter spielt eine Rolle

„In einer gefährlichen Umwelt spielt Verwandtschaft aber keine große Rolle für die Evolution von altruistischer Brutpflegehilfe“, so Taborsky: Dann ist nämlich der eigene Sicherheitsvorteil durch die via Kooperation gesteigerte Gruppengröße wichtiger für die Evolution nicht-elterlicher Brutpflege.

Auch das Alter der Individuen spielt dabei eine Rolle, ob sie die eigene Fitness am besten steigern, indem sie altruistisch handeln, sich also um die jüngeren Gruppenmitglieder kümmern und damit die Gruppengröße erhöhen, oder indem sie ausziehen, um eigene Nachkommen zu erzeugen. In einer Umgebung mit gutem Nahrungsangebot und wenigen Fressfeinden sollten die Individuen zur Maximierung ihrer genetischen Fitness die Gruppe früh verlassen, in einer gefährlichen Umwelt hingegen erst in höherem Alter, um längere Zeit altruistische Brutpflege „zu Hause“ zu leisten.