Nervenzelle, Gehirn
ktsdesign – stock.adobe.com
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Mäusestudie

Sensor misst „Schokoeffekt“ direkt im Hirn

Ein US-Forschungsteam hat einen gewebeähnlichen Biosensor entwickelt, der die Konzentration chemischer Botenstoffe im Darm und im Gehirn misst. Ein Test an Mäusen zeigt unter anderem, wie schnell beide Organe auf den Konsum von Schokolade reagieren.

Wenn Nervenzellen miteinander kommunizieren, tun sie das unter anderem mit Hilfe von chemischen Botenstoffen, sogenannten Neurotransmittern, wie etwa Dopamin und Serotonin – beide sind auch als „Glückshormone“ bekannt. Denn der biochemische Austausch ist nicht nur für viele körperliche Abläufe wichtig, er beeinflusst auch unser Verhalten und Stimmungen. Beispielsweise geht man davon aus, dass manchen Depressionen ein Mangel an Serotonin zugrunde liegt. Bestimmte Antidepressiva versuchen diesem gezielt entgegenzuwirken.

Vieles rund um das komplexe Zusammenspiel der körpereigenen Botenstoffe ist bis dato allerdings unklar. Das liegt unter anderem daran, da es recht schwierig ist, solche chemischen Abläufe in lebenden Organismen – d. h., in Tieren und Menschen – direkt zu untersuchen, schreiben die Forscherinnen und Forscher um Jinxing Li von der Stanford University in ihrer soeben im Fachmagazin „Nature“ erschienenen Studie. Dabei wäre dieses Wissen entscheidend für neue therapeutische Ansätze. Verfügbare Sonden seien oft unbeweglich und spröde, für ein dauerhaftes Monitoring in Organen wie dem Gehirn oder dem sehr beweglichen Darm daher ungeeignet. Dort würden sie schnell versagen oder zu unerwünschten Entzündungen führen.

Experiment mit Schokolade

Das Team hat nun eine verträglichere Alternative entwickelt: „NeuroString“ – ein weicher, dehnbarer elektrochemischer Sensor auf Graphenbasis, einem hauchdünnen Material, das nur aus einer Schicht von Kohlenstoffatomen besteht. Es ist stabil, aber gleichzeitig biegsam.

Die Variante für das Gehirn besteht aus mehreren weichen, elastischen und dünnen Mikroschnüren, für den Darm verwenden die Forscher nur eine einzige längliche elastische Version, die mehr Bewegungen erlaubt. Die Sensoren können gleichzeitig und selektiv unterschiedliche Neurotransmitter wie etwa Dopamin und Serotonin in Hirn und Darm messen.

Biosensor aus Graphen über einen Finger
Jinxing Li, Zhenan Bao, Stanford University
Biosensor aus Graphen

Getestet wurde der „NeuroString“ dann bei Mäusen. Dabei zeigte sich, dass der Biosensor bis zu 16 Wochen chemische Signale messen kann. In einem der vielen Experimente untersuchte das Team auch, wie sich der Konsum von Schokolade auf die Botenstoffe im Körper der Nagetiere auswirkt: Schon wenige Sekunden später war die Ausschüttung von Dopamin im Gehirn messbar. Nach 30 bis 60 Minuten stieg außerdem die Konzentration von Serotonin im Darm an. So lang dauere es im Durchschnitt bei Mäusen, bis die Nahrung im Verdauungstrakt landet, schreiben die Studienautorinnen und -autoren. Anscheinend kann Schokolade zumindest kurzfristig auch Tiere glücklich machen.

Der Biosensor soll nun weiter verbessert werden, um noch mehr Stoffe mit höherer Genauigkeit erfassen zu können. In Zukunft könnte man den “Neurostring" auch mit anderen Untersuchungsmethoden wie etwa der Endoskopie kombinieren und beispielsweise die Wechselwirkungen zwischen Botenstoffen und Mikrobiom im Darm untersuchen, hoffen die Forscherinnen und Forscher. Jedenfalls geben sie sich zuversichtlich, dass man mittels „NeuroString“ bald auch das biochemische Geschehen im Körper von Primaten genauer studieren wird können.