Untersuchung beim Kinderarzt
APA/dpa/ZB/Waltraud Grubitzsch
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Medikamentenforschung

Wie Studien kranken Kindern helfen

Arzneimittelstudien sind notwendig, um die Wirkung eines Medikaments zu testen. Für Kinder und Jugendliche sind solche Studien aber noch zu selten, kritisieren Experten. Trotzdem gab es in den letzten Jahren einige Fortschritte bei der Behandlung seltener Kindererkrankungen.

Viele Medikamente, die Kindern verabreicht werden, wurden davor nicht direkt an Kindern getestet, kritisiert die Leiterin der österreichischen Organisation OKIDS, Ruth Ladenstein. Einerseits sei die Skepsis bei Eltern oft noch groß, ihre kranken Kinder für derartige Studien anzumelden, andererseits sei die Forschung im Kinderbereich auch oft komplexer als bei Erwachsenen. Gegenüber science.ORF.at erklärt sie: „Arzneien für Kinder und Jugendliche zu entwickeln ist oft schwer, weil man es mit ganz unterschiedlichen Altersgruppen und Bedürfnissen zu tun hat.“

Hinweis

Bei einem Kongress in Wien am Mittwoch, dem 8. Juni, präsentieren die OKIDS-Mitglieder die Vorteile klinischer Studien mit Kindern und ein paar der bedeutendsten Behandlungsfortschritte bei seltenen Krankheiten der letzten Jahre.

Ziel der Non-Profit-Organisation ist es, die Zahl der klinischen Studien im Kinderbereich nach oben zu treiben. Nur so könne man die Arzneimittelsicherheit und -wirksamkeit bei Kindern und Jugendlichen langfristig steigern. Dazu arbeitet OKIDS mit nationalen und internationalen Expertinnen und Experten zusammen und koordiniert die Abwicklung und Organisation von Kinderarzneimittelstudien.

Weniger Symptome, mehr Lebensqualität

Besonders bei seltenen Erkrankungen mit teilweise schweren Verläufen brauche es klinische Studien, um mehr über die Krankheit selbst und die Wirkung der Arzneien zu erfahren. Erfolge gab es dabei etwa bereits bei der zystischen Fibrose. Ladenstein: „Dabei handelt es sich um eine ehemals sehr kritische Erkrankung, mit der nur wenige Kinder das Jugendalter erreicht haben.“

Betroffene Kinder bekommen nur schwer Luft und brauchen ständige Therapie. Durch klinische Studien und die Entwicklung von speziellen Arzneimittelcocktails können heute rund 80 Prozent der von zystischer Fibrose betroffenen Kinder in Österreich und Deutschland wirksam behandelt werden. Sie haben so nicht nur weniger Symptome, auch ihre Lebensqualität wird deutlich verbessert.

Vertieftes Verständnis bringt Fortschritte

Ein weiteres Beispiel einer seltenen Erkrankung im Kindesalter, deren Behandlung durch klinische Studien verbessert wurde, sei die sogenannte Langerhans-Zell-Histiozytose. Dabei arbeiten die blutbildenden Zellen der Kinder fehlerhaft. Ladenstein: „In frühen Studien konnten wir bei Betroffenen ein Gesamtüberleben von 60 Prozent beobachten, in den späteren Studien waren es immerhin schon 90 Prozent."

Ein zusätzlicher Fortschritt in der Kinder- und Jugendmedizin sei außerdem, dass seit etwa einem Jahr alle Neugeborenen in Österreich auf Anzeichen einer spinalen Muskelatrophie untersucht werden. Möglich gemacht wurde das durch die vorangegangene Entwicklung wirksamer Medikamente, so Ladenstein: „Nur über ein vertieftes Verständnis dieser seltenen Krankheiten können wir neue und tatsächlich wirksame Medikamentenklassen zum Einsatz bringen.“

Großer Nachholbedarf

Je kränker und jünger Kinder sind, desto weniger geprüfte und zugelassene Medikamente stehen für ihre Behandlung zur Verfügung, kritisiert Ladenstein. Der Nachholbedarf an Medikamentenprüfungen bei Kindern sei daher groß.

Um die Forschung rund um die seltenen Erkrankungen im Kindesalter künftig noch weiter voranzutreiben, hofft Ladenstein auf mehr Unterstützung von Seiten der Politik. Außerdem möchte sie Eltern Mut machen, ihre Kinder im Fall der Fälle an klinischen Studien teilnehmen zu lassen.