Ein Vater liest seiner Tochter, die auf seinem Schoß sitzt, etwas vor
Getty Images/Oliver Rossi
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Ökonomie

In Familien werden jährlich 93 Mrd. Euro umverteilt

In den österreichischen Familien werden Geld und unbezahlte Dienstleistungen im Wert von jährlich 93 Mrd. Euro zwischen den Generationen und den Geschlechtern umverteilt. Hauptempfänger sind laut einer neuen Studie vor allem Kinder und junge Erwachsene unter 25 Jahren.

Bernhard Hammer und Alexia Prskawetz vom Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Technischen Universität (TU) Wien (Prskawetz) haben in ihrer Studie nicht nur die finanziellen Aufwendungen für Kinder und pflegebedürftige Personen in der Familie berücksichtigt. Eingerechnet wurde auch die unbezahlte Arbeit, die Familienmitglieder für ältere oder jüngere Generationen bzw. den Partner leisten, also etwa Erziehung, Haushalt oder Pflege. Das sei gar nicht so einfach, „denn innerfamiliäre Umverteilung wird in keinen Daten direkt erfasst“, erklärte Hammer gegenüber der APA.

50 Mrd. Euro an die Unter-25-Jährigen

Für die im Fachjournal „Empirica“ veröffentlichte Studie haben die Fachleute nun sogenannte „Nationale Transferkonten“ erstellt und analysiert. Diese messen für verschiedene Altersgruppen das Einkommen, staatliche und private Transfers zwischen den Generationen sowie die Verwendung des verfügbaren Einkommens für Konsum und Sparen. Diese Werte haben sie mit Daten aus der wirtschaftlichen Gesamtrechnung verknüpft. Die Daten stammen aus dem Jahr 2015. „Da sich Sozialsysteme und Organisation von Familien nur langsam ändern, gehen wir davon aus, dass die Daten auch die aktuelle Situation gut beschreiben“, so Hammer.

Der Analyse zufolge belaufen sich die Transfers innerhalb von Familien in Summe auf 93 Mrd. Euro pro Jahr. Das entspricht immerhin 38 Prozent der gesamten Einkommen in Österreich. Rund 51 Mrd. Euro der Gesamtsumme entfallen dabei auf Transferleistungen in Form von unbezahlter Arbeit.

Empfänger der innerfamiliären Transferleistungen sind vor allem die Jungen: An die Unter-25-Jährigen gehen 50 Mrd. Euro der gesamten Transfersumme – davon entfallen 19 Mrd. Euro auf monetäre Leistungen und 31 Mrd. Euro auf unbezahlte Arbeit. Damit spielen innerfamiliäre Transfers für Kinder eine ähnliche Rolle wie staatliche Transfers wie Pensionen für die Generation 60-plus – diese betrugen 58 Mrd. Euro.

Kinder sind teuer

Diese innerfamiliären Transfers von den Eltern an ihr Kind bzw. ihre Kinder stellen eine erhebliche wirtschaftliche Belastung dar. Rein monetär betrachtet setzen Eltern mit unterhaltsberechtigten Kindern der Studie zufolge etwa ein Drittel ihres Einkommens für ihre Kinder ein, indem sie deren Konsum finanzieren bzw. direkt Geld an sie bezahlen.

Innerfamiliäre Transfers führen daher zu einem erheblich niedrigeren verfügbaren Einkommen für Konsum und Sparen im Vergleich zu Gruppen ohne unterhaltsberechtigte Kinder. Werden alle staatlichen und privaten Transferleistungen berücksichtigt, haben Eltern mit Kindern unter fünf Jahren ein verfügbares Einkommen von im Schnitt etwa 17.000 Euro jährlich, während Pensionisten (26.000 Euro) bzw. Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter (29.000 Euro) ohne unterhaltsberechtigte Kinder deutlich mehr bleibt.

Zusätzlich kommt es durch die Kinderbetreuung zu einem höheren Gesamtarbeitsaufwand: So leisten Eltern mit Kindern unter fünf Jahren im Schnitt neun Stunden pro Tag bezahlte und nicht bezahlte Arbeit, vier Stunden davon werden unentlohnt als Dienstleistungen für die Kinder erbracht. Die Zeit, in der Eltern „auf Abruf“ bereit stehen, ist da noch gar nicht eingerechnet.

Frauen arbeiten oft unbezahlt

Weil sie im Schnitt mehr verdienen, sind Männer für den Großteil (71 Prozent) der innerfamiliären Einkommens-Transfers verantwortlich. Sie finanzieren nicht nur die Aufwendungen für die Kinder, sondern teilweise auch jene für ihre Partnerinnen. Genau umgekehrt ist die Situation bei der unbezahlten Arbeit: Dort leisten Frauen durch ihren höheren Anteil an der Erziehungs- und Hausarbeit den Löwenanteil (74 Prozent).

Das hat langfristige Konsequenzen für die Frauen: „Unbezahlte Arbeit wird im Pensionssystem nicht honoriert. Frauen, die mehr unbezahlte Arbeit leisten, sind hier klar benachteiligt“, erklärte Prskawetz in einer Aussendung. Zudem seien viele Frauen doppelt belastet, weil sie neben der Erziehungs- und Hausarbeit auch im Berufsleben stehen.

Die Fachleute hoffen, mit ihrer Arbeit die Datenlage über den Beitrag von Familien für den volkswirtschaftlichen Output und die soziale Absicherung verbessert zu haben. Nur wenn alle Geldflüsse und unbezahlte Arbeit berücksichtigt werden, ließen sich Leistungen der Familien und ihre Rolle im Sozialsystem verstehen, betonen sie. Dieses Wissen sei die Basis für eine bessere Unterstützung der Familien und Abbau bestehender Ungleichgewichte.