Arbeitsmarkt

Berufseinstieg für geflüchtete Frauen schwierig

Geflüchtete Frauen stehen auf dem österreichischen Arbeitsmarkt vor großen Hürden. Ihr Berufseinstieg wird durch Sorge- und Familienarbeit, das Fehlen von Betreuungsmöglichkeiten, Diskriminierung aufgrund des Kopftuchs und fehlende berufliche Erfahrungen erschwert, zeigt eine Studie über die Situation geflüchteter Frauen aus Syrien und Afghanistan.

Während 2015 und 2016 die überwiegende Mehrheit der Asylanträge in Österreich von Männern gestellt wurden, kam es in den darauffolgenden Jahren zu Familienzusammenführungen und damit zu einem Anstieg der Zahl geflüchteter Frauen. Von den in Österreich asylsuchenden Personen – ihre Zahl nahm zwischen 2015 und 2019 von über 88.000 auf knapp 13.000 ab und stieg dann wieder auf knapp 15.000 (2020) und rund 34.000 (Jänner-November 2021) – waren zu Beginn des Beobachtungszeitraums gut ein Viertel Frauen, ihr Anteil stieg dann auf 40 Prozent an und lag 2021 bei unter 20 Prozent.

Buchhinweis

Judith Kohlenberger, Sophia Heyne, Bernhard Rengs, Isabella Buber-Ennser: „Soziale Inklusion geflüchteter Frauen. Zur Rolle der Familie und Familienarbeit“; Nomos Verlag; 135 S., 34 Euro; ISBN 978-3-8487-8734-0

Wie die geflüchteten Frauen in Österreich leben, welche Ressourcen sie mitbringen und mit welchen Herausforderungen sie konfrontiert sind, haben Judith Kohlenberger und Sophia Heyne vom Institut für Sozialpolitik der WU sowie Bernhard Rengs und Isabella Buber-Ennser vom Institut für Demographie der ÖAW im Auftrag des Arbeitsmarktservice untersucht. Insgesamt wurden rund 550 Frauen befragt, die zwischen 20 und 44 Jahre alt waren und zwischen 2002 und 2019 nach Österreich kamen. 52 Prozent hatten syrische und 48 Prozent afghanische Staatsbürgerschaft. Die Studie ist vor kurzem in Buchform erschienen.

Gegenüber Männern benachteiligt

Als zentralen Befund nennt eine Aussendung der ÖAW am Montag, dass die Arbeitsmarktintegration von geflüchteten Frauen herausfordernder ist als jene von geflüchteten Männern. Sie hätten oft ebenso hohe, teilweise sogar höhere Bildungsabschlüsse als Männer, Mehrsprachigkeit sei bei ihnen weit verbreitet, dennoch seien sie seltener erwerbstätig.

„Die Gründe dafür sind vielfältig und bis dato wenig erforscht“, schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihrer Arbeit. Geflüchtete Frauen sind der Studie zufolge öfter von Mehrbelastungen betroffen als Männer. Die Kinderbetreuung stelle sie bei gleichzeitig fehlenden sozialen und familiären Netzwerken vor große Herausforderungen.

„45 Prozent der befragten geflüchteten Frauen gaben an, keine kurzfristige Betreuungsmöglichkeit für ihre Kinder außerhalb der Kernfamilie zu haben, da Großeltern und Verwandte meist im Ausland leben“, erklärte Buber-Ennser. Dies führe häufig zu einem „Gefühl der Überlastung“ und chronischem Stress und bindet zeitliche Ressourcen.

Das Gefühl der Überlastung werde durch die tagtägliche „Ankommensarbeit“ in Österreich, die Frauen für die gesamte Familie leisten, die eigene – auch ökonomische – Integration sowie die Familien- und Hausarbeit verstärkt. Verschärfend kämen noch sprachliche Hürden, Veränderungen des Alltagslebens nach der Flucht sowie Ausgrenzungserfahrungen dazu.

Mehr Eigenverantwortung

Andererseits würden viele Frauen ihr Leben in Österreich als eine Erweiterung der persönlichen Handlungsoptionen sowie ihrer Bildungs- und Berufschancen sehen, zeigt die Studie. Die Mehrbelastung gehe also auch mit einem Zugewinn an Eigenverantwortung, Selbstständigkeit und persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten einher.

Wenn Kinder Schulen, Betreuungsangebote oder Sportvereine besuchen, habe dies einen positiven Beitrag auf die Integration von geflüchteten Frauen, zeigen die Forscherinnen und Forscher. Durch dabei entstehende Freundschaften könnten sich die Sozialkontakte von Müttern nachhaltig erhöhen. Um überhaupt in Kontakt zu kommen, sei allerdings eine flächendeckende und niederschwellige Kinderbetreuung zentral.

Kohlenberger verweist darauf, dass die Studienergebnisse auch im Hinblick auf die Geflüchteten aus der Ukraine besonders relevant seien, da ein Großteil davon Frauen und Kinder seien.