Koreanische Halbinsel

Genetische Vielfalt war früher größer

Die genetische Vielfalt auf der koreanischen Halbinsel war vor rund 1.700 Jahren – zur „Zeit der drei Königreiche“ – größer als heute. Das zeigt die Sequenzierung und Untersuchung des Genoms von acht Individuen aus dieser Zeit durch ein österreichisch-südkoreanisches Forschungsteam.

Die „Zeit der drei Königreiche“ lag zwischen dem 1. Jahrhundert vor und dem 7. Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung, als die drei Königreiche Goguryeo, Baekje und Silla große Teile der koreanischen Halbinsel beherrschten. Goguryeo umfasste die Mandschurei und den Norden der Halbinsel, Baekje und Silla teilten sich die Gebiete südlich des Flusses Hangang. Außerdem entwickelten sich im Süden die Gaya-Stammesstaaten, die etwa 500 Jahre lang existierten, bis sie dann von Silla eingenommen wurden.

Das Forschungsteam um Pere Gelabert und Ron Pinhasi vom Department für Evolutionäre Anthropologie der Universität Wien hat nun gemeinsam mit südkoreanischen Forschern Erbgut aus acht Skelettresten analysiert. Ihre Studie wurde im Fachjournal „Current Biology“ veröffentlicht.

„Typisch für Bestattungspraktiken der Gaya-Region“

Die Skelettreste stammten aus zwei archäologischen Stätten in Gimhae in der Nähe der zweitgrößten Stadt Südkoreas, Busan. Dabei handelt es sich einerseits um einen zum Weltkulturerbe zählenden Grabkomplex der Gaya-Konföderation, dem Daesung-dong Tumuli, andererseits um den Muschelhügel Yuha-ri. Unter den untersuchten Individuen identifizierten die Wissenschaftler sowohl Grabbesitzer als auch Menschenopfer, im Muschelhügel wurde ein Kind begraben.

Alle Gräber seien damit typisch für die Bestattungspraktiken der Gaya-Region zwischen 300 und 500 n. u. Z., betonen die Forscher. Und weil die individuellen genetischen Unterschiede in keinem Zusammenhang mit der Grabtypologie stehen, gehen sie davon aus, „dass die Entwicklung der ‚Drei Königreiche in Korea‘ nicht mit der genetischen Abstammung zusammenhängt“, so Gelabert in einer Aussendung der Uni Wien.

DNA-basierte Vorhersage der Gesichtsmerkmale

Weiters belegte das Erbgut die damals größere genetische Vielfalt als heute: Sechs der acht untersuchten Individuen waren genetisch näher verwandt mit modernen Koreanern, modernen Japanern, Kofun-Japanern und neolithischen Koreanern. Zwei Personen lagen etwas näher an den Genomen der modernen Japaner und der alten japanischen Jomonen. Heutige Koreanerinnen und Koreaner haben der Studie zufolge die mit den Jomonen assoziierte genetische Komponente verloren. Offensichtlich haben sich die Koreaner nach der „Zeit der drei Königreiche“ innerhalb der Halbinsel vermischt bis sie ihre heutige Homogenität erreicht haben.

Den Forschenden gelang es ihren Angaben zufolge erstmals, ausschließlich auf Grundlage des Erbguts Gesichter der antiken Individuen zu rekonstruieren. Diese DNA-basierte Vorhersage der Gesichtsmerkmale zeigte, dass die Personen aus der „Zeit der drei Königreiche“ modernen Koreanern ähnelten.