Eine Forscherin forscht in einem Tiefkühllabor
APA/AFP/Abbott/HO
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Forschung

Beitrag von Frauen oft unterrepräsentiert

Es gibt weniger wissenschaftliche Studien und Artikel von Frauen als von Männern. Laut einer aktuellen Analyse zeigt das aber nicht, wie viel Forscherinnen tatsächlich leisten. Ihr Beitrag wird in manchen Fällen einfach nicht ausreichend gewürdigt.

Im Jahr 1962 erhielten die Forscher James Watson, Francis Crick und Maurice Wilkins den Medizinnobelpreis. Sie wurden für ihre Entdeckung der Struktur der menschlichen DNA berühmt. Mittlerweile ist jedoch bekannt, dass eine an diesem Fortschritt maßgeblich beteiligte Person keinen Ruhm erhalten hat – die britische Biochemikerin Rosalind Franklin.

Sexismus in der Wissenschaft

Watson und Crick hatten für ihren Bericht über die Doppelhelixstruktur der DNA Forschungsergebnisse von Franklin genutzt – und das scheinbar ohne das Wissen oder die Zustimmung der Biochemikerin. Sie erhielt so Zeit ihres Lebens keinen Nobelpreis und auch kaum Anerkennung für ihre Forschung.

Viele Fachleute sind sich mittlerweile darüber einig, dass auch Franklin einen Nobelpreis verdient hätte. Es scheint, als sei sie eines der Opfer des damals recht verbreiteten Sexismus in der Wissenschaft. Aber nicht nur im 20. Jahrhundert hatten Forscherinnen Probleme, Gehör zu finden, meint die Statistikerin Julia Lane von der New York University. Sexismus existiere laut ihr auch noch in der modernen Wissenschaft.

Umfangreiche Untersuchung in den USA

Lane wollte gemeinsam mit einem Forschungsteam herausfinden, wie häufig die Arbeit von Forscherinnen auch heute noch ungewürdigt bleibt. Das zu untersuchen, sei jedoch nicht einfach. Lane erklärt gegenüber science.ORF.at: „Wenn Frauen nicht als Autorinnen einer Arbeit aufscheinen, ist im Nachhinein kaum zu klären, was und wie viel sie tatsächlich zu der jeweiligen Forschung beigetragen haben. Man kann nicht messen, was nicht da ist.“

Das Team sammelte daher vier Jahre lang umfangreiche Daten von US-amerikanischen Universitäten und Laboren und knapp 130.000 Forscherinnen. Außerdem nutzte Lane mehrere Umfragen, um auch das Befinden der Frauen abzufragen. Die Daten verglich das Team mit knapp 40.000 Publikationen und Patenten aus dem Untersuchungszeitraum und berechnete anschließend, wie oft an Projekten beteiligte Frauen auch tatsächlich als Autorinnen der jeweiligen Studien oder Patente aufscheinen.

Seltener als Autorinnen gelistet

Das Ergebnis ihrer Untersuchung präsentieren Lane und ihr Team aktuell im Fachjournal „Nature“. Sie fanden heraus, dass Frauen potenziell für fast die Hälfte der Arbeit in den Forschungsprojekten verantwortlich waren. Gleichzeitig bestand die durchschnittliche Liste der Autorinnen und Autoren aber nur zu einem Drittel aus weiblichen Forscherinnen.

Der an der US-amerikanischen Studie beteiligte Stratege Raviv Murciano-Gorof erklärt gegenüber science.ORF.at: „Unter Berücksichtigung all unserer Daten werden Frauen rund 13 Prozent seltener als Autorinnen einer Arbeit gelistet als Männer – und das bei gleichem Arbeitsaufwand.“

Bei Patenten ist die ungleiche Verteilung noch größer. Für Frauen ist es um fast 60 Prozent weniger wahrscheinlich, als Autorin gelistet zu werden. Lane: „Das bedeutet umgekehrt, dass Frauen derzeit immer noch mehr Arbeit leisten müssen, um die gleiche Chance zu haben, als Autorinnen einer Studie oder Patents aufzuscheinen.“

Ausradieren des „Gender Gap“

In den durchgeführten Umfragen zeigte sich auch, dass vielen Forscherinnen die ungerechte Situation bewusst ist. So gaben zahlreiche Frauen an, sich besonderes Gehör verschaffen zu müssen, damit ihre Forschungsergebnisse auch gewürdigt werden. Viele seien auch besorgt, dass sie bei Veröffentlichungen ignoriert werden.

Lane gibt selbst an, dass die Untersuchung bislang nur an US-amerikanischen Institutionen durchgeführt wurde und die Ergebnisse daher nicht zwingend auf andere Gebiete übertragbar seien. Es sei zwar wahrscheinlich, dass weibliche Forscherinnen auch in Europa zu wenig Anerkennung für ihre Arbeit bekommen – trotzdem seien weitere Untersuchungen nötig, um das auch tatsächlich zu belegen. Das Ergebnis der Studie zeige aber klar, dass in der Wissenschaft auch heute noch manchmal unfair gehandelt wird.