FFP2-Maske liegt am Boden auf einer Straße in Wien
APA/GEORG HOCHMUTH
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Forschungsprojekt endet mitten in Sommerwelle

Österreich befindet sich mitten in der CoV-Sommerwelle, und genau jetzt endet das Austrian Corona Panel Project (ACPP). Dieser Zusammenschluss österreichischer Sozialwissenschaftlerinnen und Forscher hat während der gesamten Pandemie Zahlen und Daten zur Einstellung der Bevölkerung geliefert, aber nun gibt es dafür kein Geld mehr.

Im Juni hat man zum letzten Mal eine repräsentative Erhebung gemacht zur Einstellung der österreichischen Bevölkerung zur CoV-Pandemie machen lassen, so die Politologin Sylvia Kritzinger aus dem Leitungsteam des ACPP. Nun aber ist Schluss: „Wir sind jetzt tatsächlich am Ende angelangt. Unsere Finanzierung geht zu Ende und wir haben keine Möglichkeit mehr, weitere Umfragen zu machen.“

Kontinuität als Qualitätsfaktor

Insgesamt 33 Erhebungen und Auswertungen hat das Projektteam des Corona-Panels seit März 2020 gemacht, immer wieder hat man Haltungen erfasst und Ergebnisse Politik, Medien und Gesellschaft zur Verfügung gestellt – von der Einstellung zur Corona-Impfung bis hin zu Veränderungen in der Arbeitswelt. Zuletzt habe sich vor allem der Vertrauensverlust in politische Institutionen in den Daten gespiegelt und das Auseinanderdriften der Gesellschaft, sagt Kritzinger: „Diese Ansicht, wie man mit der Pandemie umgehen soll, hat sich immer stärker polarisiert zwischen jenen, die sagen, es ist alles viel zu streng, und jenen, denen die Maßnahmen nicht ausreichen.“

Eine Panel-Umfrage bedeutet, dass dieselben Personen wiederholt befragt werden. Verändern sie ihre Einstellungen, deutet das auf einen gesamtgesellschaftlichen Wandel hin – der Schlüssel zur Qualität der Interpretation liegt in der Kontinuität: „Wie hat es davor ausgeschaut, was hat sich durch die Krise verändert, wer ist besonders davon betroffen? Diese Fragen kann man nur beantworten, wenn man eine gute ‚base line‘ hat, anhand der man Veränderungen auch tatsächlich messen kann.“

Gesellschaftliche Veränderungen unter dem Radar

Das Corona-Panel-Projekt hatte das Ziel, unabhängige und wissenschaftlich geprüfte Zahlen und Daten zu vermitteln. Es hat sich aus verschiedenen Töpfen finanziert, Geld ist unter anderem von der Universität Wien, dem Wiener Wissenschafts- und Technologiefonds und dem Wissenschaftsfonds FWF gekommen. Auch der Soziale Survey Österreich, die Arbeiterkammer und die Industriellenvereinigung haben einzelne Umfragen finanziert.

Nun müsste man den nächsten Schritt machen: „Es würde sich lohnen, so etwas mit einer Finanzierung aus unterschiedlichen Bereichen und verschiedenen Ministerien auf große Beine zu stellen. Man könnte langfristig ein unabhängiges Panel aufbauen, aus dem die Wissenschaft die Daten zur Verfügung stellt und ein Langzeitbild der österreichischen Gesellschaft zeichnet.“

Mit dem Ende des Corona-Panels geht mitten in der nächsten Pandemiewelle eine Möglichkeit verloren, gesellschaftliche Veränderungen zu erfassen. Mit einem neu aufgesetzten und finanzierten Projekt könnte man auch andere Krisen – Stichwort Ukraine und Klima – wissenschaftlich fundiert begleiten, so die Politologin.