Ein Frau und zwei Männer in Anzügen reden miteinander
Studio Romantic/stock.adobe.co
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Einkommensschere

„Männerberufe“ zahlen sich für Frauen aus

Frauen verdienen hierzulande immer noch um fast ein Fünftel weniger als Männer. Eine Studie aus Deutschland, wo die Einkommensschere ähnlich groß ist, zeigt nun: In Branchen, in denen nur wenige Frauen arbeiten, ist der Unterschied deutlich kleiner als in solchen, in denen das Geschlechterverhältnis eher ausgeglichen oder umgekehrt ist.

Bei den Schul- und Universitätsabschlüsse haben Mädchen bzw. junge Frauen das männliche Geschlecht längst überholt, am Arbeitsmarkt haben sie allerdings immer noch das Nachsehen. Das bestätigt auch der kürzlich erschienene Bildungsbericht des Momentum-Instituts: Eine Frau mit Matura verdient rund ein Drittel weniger als ein Mann mit Matura und eine Frau mit einem Uni-Master-Abschluss rund 40 Prozent weniger.

Auch im Durchschnitt verdienen Frauen in Österreich immer noch um 18,9 Prozent (Eurostat 2020) weniger als Männer (Quelle: Bundeskanzleramt). Diese Differenz liegt übrigens deutlich über dem EU-Schnitt von etwa 13 Prozent. Laut Analysen können strukturelle Unterschiede wie etwa Teilzeitanstellungen die Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern nur zu einem Drittel erklären.

Deutschland schneidet ähnlich schlecht ab. Die Differenz beträgt in unserem Nachbarland etwa 18 Prozent. Für ihre nun im Fachmagazin „PLOS ONE“ erschienene Studie haben sich die Forscherinnen um Astrid Schütz von der Universität Bamberg dort nun genauer angesehen, in welchen Berufssparten die Einkommensschere größer bzw. kleiner ist.

Verschwinden versus Sichtbarkeit

Insgesamt sei die Bezahlung in Berufen, wo vor allem Männer arbeiten, meist besser, etwa in den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) oder im Management, schreiben die Autorinnen. Viele typische Frauenberufe seien hingegen traditionell schlecht bezahlt, dazu zählen unter anderem Beschäftigungen im Pflege- und Gesundheitssektor, in Kindergärten und im Handel.

Weniger klar sei jedoch, ob es für Frauen wie Männer karrieretechnisch von Vorteil ist, in einem geschlechtstypischen oder in einem untypischen Beruf zu arbeiten. Beides wäre möglich: Wenn man in der Mehrheit verschwinden kann und typischen Erwartungen erfüllt, könnte das die Karrierechancen fördern.

Auf der anderen Seite könnte sich aber auch die erhöhte Sichtbarkeit auszahlen. Laut den Forscherinnen erhalten etwa Männer, die als Krankenpfleger arbeiten, oft deutlich mehr Anerkennung als ihre Kolleginnen. Der „exotische“ Status kann auch zu schnelleren Aufstiegschancen führen. Männer könnten also in „artfremden“ Berufen zusätzlich profitieren, nicht zuletzt, indem sie ihre geschlechtsspezifischen Stärken betonen.

Bei Frauen in sogenannten Männerberufen schaut das mitunter etwas anders aus. Laut Schütz und Co. erleben sie oft großen Druck und Karrierehürden. Ein bisschen gebessert habe sich das, seitdem Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen in manchen Berufen verstärkt auf Diversität setzen.

Geschlechterverhältnis entscheidend

Wie sich das auf die Einkommensunterschiede auswirkt, haben die Forscherinnen im Rahmen der aktuellen Studie nun empirisch untersucht: Sind sie in typischen Männerberufen nun größer oder kleiner? Die Daten stammen aus einer deutschen Kohortenstudie, dem National Educational Panel Survey (NEPS) des Leibniz-Instituts. Dabei werden Daten zur Ausbildung und späteren Entwicklung vom Kindergartenalter bis ins Erwachsenenalter gesammelt. Die Stichprobe für die aktuelle Arbeit umfasste etwas mehr als 6.000 Personen, ungefähr die Hälfte waren Frauen bzw. Männer.

Insgesamt bestätigte die statistische Analyse, dass Frauen im Schnitt immer noch weniger verdienen als Männer, auch dann, wenn strukturelle Einflüsse wie Arbeitszeiten, Dauer der Anstellung, Bildungsabschlüsse, etc. herausgerechnet werden, im Monat um 426 Euro weniger. In Bereichen, wo nur 15 Prozent Männer arbeiten, sind es sogar um 592 Euro weniger. Dort, wo die Geschlechter relativ gleich verteilt sind, 394 Euro. Am kleinsten ist die Schere in Berufssparten, wo Frauen mit 13 Prozent eine echte Minderheit sind: Die Differenz beträgt hier 196 Euro. Mit anderen Worten: Es zahlt sich für Frauen – zumindest relativ betrachtet – aus, in einem nicht typischen Beruf zu arbeiten.

Diese Ergebnisse unterscheiden sich laut den Autorinnen von früheren Studien. Das könnte daran liegen, dass die Daten relativ jung sind und sich in ihnen bereits gesellschaftliche Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit spiegeln, in der Forderungen nach mehr Diversität in der Arbeitswelt deutlich lauter geworden sind.