Sabine Seidler, Präsidentin der Universitätenkonferenz (uniko)
APA/HERBERT-PFARRHOFER
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Inflation

Universitäten fehlt halbe Milliarde Euro

Die hohe Inflation macht auch den Universitäten zu schaffen. In den beiden nächsten Jahren fehlt ihnen rund eine halbe Mrd. Euro, sagt die Präsidentin der Universitätenkonferenz (uniko), Sabine Seidler. Wegen der CoV-Pandemie rechnet sie im Herbst mit einer Mischung aus Präsenz- und Online-Lehre.

„Die Kostensteigerungen sind so massiv, dass wir mit alleinigem Nichtnachbesetzen von Stellen nicht auskommen werden“, meinte die uniko-Präsidentin Sabine Seidler am Donnerstagabend vor Journalisten. Das gelte jedenfalls für ihre eigene Hochschule, die Technische Universität (TU) Wien, den meisten anderen gehe es aber auch so.

Die Universitäten haben zwar für die Jahre 2022 bis 2024 eine Budgeterhöhung von rund 1,3 Mrd. Euro bekommen. „Aber das Budget ist im Herbst 2020 definiert worden, man ist dabei vom langjährigen Mittel der Inflation von rund zwei Prozent ausgegangen“, so Seidler. Die jetzige Teuerung sei von niemandem vorhersehbar gewesen. „Unser Vorteil der dreijährigen Budgets ist in dieser Situation zum Nachteil geworden.“

Befristete Stellen nicht mehr nachzubesetzen

„Wir haben jetzt mit unseren Budgets zu arbeiten begonnen und stellen nach einem halben Jahr fest: Das wird sich nicht ausgehen“, so Seidler. In der vorigen Leistungsvereinbarungsperiode sei viel Personal aufgebaut worden. Mit dem neuen Budget sei man sich dann sicher gewesen: „Wir werden zwar nicht weiterwachsen, aber uns gut konsolidieren können.“ Davon sei man nun weit entfernt.

Ohne zusätzliches Geld würden zunächst befristete Doktoranden-und Postdoc-Stellen nicht nachbesetzt, meinte Seidler. Auch die Eigenanteile bei der Exzellenzinitiative würden nicht finanziert werden können – mit der Folge, dass wohl viele zuletzt angeworbene Top-Kräfte wieder gehen würden. „Wenn wir anfangen, jetzt wieder rückzubauen, wird es nachher um vieles teurer, das wieder aufzubauen, als wenn wir jetzt den Status Quo erhalten.“

Polaschek hat Verständnis

Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) signalisierte Verständnis für die Forderungen. „Dass es Handlungsbedarf gibt, ist mir sehr wohl bewusst“, so Polaschek zur APA. Man sei daher auch in engem Austausch mit den Universitäten – diese hätten erste grobe Berechnungen über ihren Mehrbedarf durch die Teuerung vorgelegt.

„Wir sind gerade dabei, diese Berechnungen genauer zu machen, es fehlen noch einige Details.“ Eine generelle einheitliche Budgeterhöhung für alle Unis werde aber keinen Sinn machen, meinte Polaschek. „Der Bedarf ist je nach Uni unterschiedlich hoch. Manche haben höhere Energiekosten, andere geringere.“

Herbst: Präsenzbetrieb mit Maske

Die Coronavirus-Situation im Herbst sah Seidler als sehr ungewiss an. „Ich gehe für das Wintersemester aber davon aus, dass wir einen Präsenzbetrieb mit Maske haben werden.“ Das Lehrangebot werde weiter eine Mischung aus Online- und Vor-Ort-Angeboten sein – wobei die Onlineformate diesmal „nicht der Not gehorchend, sondern strategisch eingesetzt“ würden.

Kritik an IDSA

Für das geplante Institute of Digital Sciences Austria (IDSA) – die neue technische Uni in Linz – sieht Seidler weiter schwarz. „Wenn dort nicht langsam wirklich etwas inhaltlich passiert, bewegen wir uns auf einen unipolitischen Bauchfleck zu.“

Insgesamt ortete Seidler drei Zielkonflikte: Einerseits sei das IDSA als relativ kleine Uni geplant, die aber gleichzeitig ein breites Angebot abdecken und eine gewisse Strahlkraft haben solle. Andererseits würden interdisziplinäre Studien geplant – vollkommen unklar sei aber die Anschlussfähigkeit. „Wie kann ich interdisziplinäre Studien haben, wenn ich keine Disziplinen habe?“

Schließlich hätten sich sämtliche Betrachtungsweisen bisher auf den Standort Oberösterreich beschränkt – gar nicht untersucht worden sei aber, was die gleiche Investition in die Uni Linz für einen Impact gehabt hätte. Die Industrie wünsche sich ja primär Absolventen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – gleichzeitig sehe man, wie schwierig Technik- und Informatik-Studienplätze an der Uni Linz zu besetzen seien.

Gegensteuern könnte man, indem man regionale wissenschaftliche Partner in die Konzepte einbinde, meinte Seidler. Allerdings gebe es angesichts des geplanten Starts 2023/24 „immensen Zeitdruck“. Wahrscheinlich würde dies nur halten, wenn man sich für den Beginn komplette Gruppen aus der Uni Linz „ausleihe“. „Dann stellt sich aber die Frage, warum macht man es nicht gleich dort.“