Indem sich Organismen genetisch an die heißeren Umweltbedingungen anpassen, können sie sich vor dem Aussterben retten. Nur: Wo liegt die Grenze dieser evolutionären Rettungsmaßnahme? Das untersuchten die Biologin Macarena Toll-Riera von der ETH Zürich und ihr Team für ein Bakterium mit dem Namen Pseudoalteormonas haloplanktis. Dieses im antarktischen Küstenmeerwasser lebende Bakterium zählt zu den am besten untersuchten kälteangepassten Organismen. Es kann bei Temperaturen zwischen minus 2,5 Grad und 29 Grad leben, zeigt jedoch erste Anzeichen von Hitzestress bereits ab zwanzig Grad.
Obergrenze schnell erreicht
Für die nun im Fachmagazin „Science Advances“ erschienene Studie kultivierten die Forscherinnen und Forscher das antarktische Bakterium über Hunderte von Generationen bei immer wärmer werdenden Temperaturen, um zu beobachten, wie erfolgreich es sich evolutionär anpasst. Resultat: Die Populationen konnten ihre Überlebensgrenze gerade einmal um ein Grad Celsius nach oben verschieben. Danach war Schluss: Selbst nachdem die Forscher das Bakterien über 300 Generationen bei 30 Grad weiter kultivierten, überlebte keine Population die 31-Grad-Marke.
Die Grenze der evolutionären Rettung führen die Studienautoren hauptsächlich auf fehlerhaft gefaltete Proteine zurück, die sich anhäufen und bei Hitze nicht mehr abgebaut werden. So fanden sie die häufigste genetische Mutation denn auch in der sogenannten Lon-Protease, die eine wichtige Rolle in der „Protein-Müllabfuhr“ spielt – und die bei Temperaturen jenseits von 30 Grad offensichtlich versagt.
Wie die Forschenden festhalten, produzieren kälteangepasste Bakterien wie das untersuchte /P. haloplanktis/ den größten Teil der Biomasse auf der Erde. Sie seien daher von zentraler Bedeutung für die globalen biogeochemischen Kreisläufe. In einer heißeren, von Hitzewellen geprägten Welt dürfte ihr Aussterberisiko jedoch empfindlich steigen.