Frau wird geimpft
APA/EXPA/JOHANN GRODER
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Zyklusstörungen kein Grund zur Sorge

Eine SARS-CoV-2-Impfung kann den Menstruationszyklus verändern und die Regel verstärken. Das bestätigt auch eine neue Studie aus den USA. Was manche Frauen beunruhigt, ist laut einer österreichischen Expertin aber nicht wirklich besorgniserregend. Den Zyklus im Auge behalten sollten Betroffene trotzdem.

Kurz nach den ersten verabreichten CoV-Impfungen gab es bereits Meldungen, dass einige geimpfte Frauen eine stärkere Periode hatten als üblich. Diese frühen Erfahrungsberichte ohne wissenschaftliche Basis, die vor allem in den sozialen Medien verbreitet wurden, waren laut der Gendermedizinerin Alexandra Kautzky-Willer von der Medizinischen Universität Wien problematisch. Gegenüber science.ORF.at erklärt sie: „Diese Meldungen haben natürlich zur Verunsicherung geführt und manche Frauen trauten sich dann nicht, zur Impfung zu greifen.“

Umfrage bestätigt Zusammenhang

Seitdem wurden die Auswirkungen, die CoV-Impfungen auf den Menstruationszyklus haben, bereits mehrfach empirisch untersucht. Aktuell präsentieren auch US-amerikanische Forscherinnen und Forscher ihre Erkenntnisse aus einer großen Online-Umfrage im Fachjournal „Science Advances“.

Das Team hat dabei Daten von rund 39.000 Erwachsenen gesammelt und analysiert. Knapp über 90 Prozent davon identifizierten sich selbst als Frauen, der Rest als genderdivers. 42 Prozent der Frauen, die angaben, sonst eine normale Regel zu haben, berichteten von einer verstärkten Blutung nach der CoV-Impfung. 44 Prozent davon stellten hingegen keine Veränderungen fest.

Ergebnisse mit Bedacht interpretieren

Die Untersuchung zeige klar, dass ein Zusammenhang zwischen der CoV-Impfung und einer veränderten Menstruation besteht. Die Ergebnisse müssen laut Kautzky-Willer aber auch mit Bedacht interpretiert werden.

Da es sich bei der US-amerikanischen Untersuchung um eine Online-Umfrage handelte und zahlreiche Befragte wegen unterschiedlicher Gründe aus der Untersuchungsgruppe ausgeschlossen wurden, lasse sie kaum auf die Häufigkeit der Impfnebenwirkungen schließen. Die Gendermedizinerin erklärt: „Das Ergebnis sagt nichts über die tatsächliche Häufigkeit aus, weil hier nur ein bestimmter Ausschnitt aus einer Beobachtungsstudie untersucht wurde.“

Demnach sei es auch durchaus möglich, dass einige Frauen zwar eine Veränderung ihres Menstruationszyklus bemerkten, es aber zum Beispiel nicht der Rede wert fanden, an der Online-Umfrage teilzunehmen.

Schwankung keine Seltenheit

Ein wichtiger Punkt ist laut Kautzky-Willer außerdem, dass nicht nur die CoV-Impfung den Menstruationszyklus von Frauen beeinflusst. Sie erklärt: „Das ist nichts Außergewöhnliches. Auch bei anderen Impfungen ist es bekannt, dass es hier kurzfristig zu einer Veränderung kommen kann, und auch verschiedene Infektionen können sich auf den Zyklus auswirken.“

Die monatliche Menstruation von Frauen sei außerdem ebenso empfindlich gegenüber zahlreichen weiteren Einflüssen. „Es gibt ganz viele Ursachen, warum einmal eine Blutung stärker oder schwächer oder zeitlich verschoben ist“, so die Gendermedizinerin. Als Beispiele nennt sie unter anderem längere Reisen mit Zeitverschiebungen, Klimaveränderungen, Stress oder Fasten.

Kein Einfluss auf Fruchtbarkeit

Grund zur Sorge seien die veränderten Regelblutungen vorerst nicht. Kautzky-Willer: „Die Folgen der Impfung sind meist nach zwei bis drei Zyklen wieder weg und haben vor allem bei prämenopausalen Frauen überhaupt keinen Einfluss auf die Fruchtbarkeit – und das ist ja das Wesentliche.“

Auch Frauen nach ihrer Menopause nahmen an der US-amerikanischen Studie teil. Zwei Drittel der Befragten berichteten dabei von unerwarteten Durchbruchsblutungen nach der Impfung. Betroffene sollten hier etwas genauer aufpassen, denn die Blutungen könnten auch andere Gründe haben, wie zum Beispiel Krebserkrankungen. Auch hier gilt aber: „Wenn es nach einer Impfung nur ein oder zwei Mal zu so einer Durchbruchsblutung kommt, würde ich mich nicht sonderlich sorgen“, so die Gendermedizinerin.

Wenn der Zyklus hingegen längere Zeit verstärkt oder verschoben auftritt oder postmenopausale Frauen mehrfach ihre Periode bekommen, sollten sich die Betroffenen trotzdem absichern und einen Kontrolltermin bei ihrem Gynäkologen oder ihrer Gynäkologin vereinbaren.

Menstruationsverhalten muss in Studien einfließen

Auch wenn die Umfrageergebnisse aus den USA nur wenig über die tatsächliche Häufigkeit der veränderten Menstruationszyklen aussagen, sei die Untersuchung trotzdem relevant. Sie helfe etwa dabei, die Bevölkerung genauer über die Nebenwirkungen der SARS-CoV-2-Impfungen aufzuklären.

Kautzky-Willer: „Ich hoffe, dass bald bei allen neuen Studien zu Impfungen und Medikamenten das Menstruationsverhalten der Frau mitgedacht wird.“ Die Auswirkungen auf den Menstruationszyklus müssten gleich miterhoben und ausführlich im Beipacktext eines Medikaments oder einer Impfung beschrieben werden: „Weil nur so kann man den Frauen Ängste nehmen und gleichzeitig aufkommenden Mythen zu den Impfnebenwirkungen entgegenwirken.“