Katzen, Haustiere
MNStudio – stock.adobe.com
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Verhaltensforschung

Wie Katzen ihre Artgenossen ertragen

Ob Katzen alleine oder mit Artgenossen unter einem Dach leben, entscheidet der Mensch. Von Natur aus sind die Haustiere jedenfalls Einzelgängerinnen. Um den Alltag in der Gruppe dennoch zu meistern, helfen den Tieren Hormone und ihre Darmflora, wie eine Studie aus Japan zeigt.

Auch wenn Katzen mit anderen Katzen in einem Haushalt zusammenleben, bedeutet das noch lange nicht, dass sie Gruppentiere sind. Ganz im Gegenteil: Die meisten Katzenarten zeichnen „einzelgängerisches Verhalten und territoriale Ansprüche“ aus, schreibt ein Forschungsteam um Erstautor Hikari Koyasu von der Azabu Universität in Japan.

„Bestimmte Verhaltensstrategien ermöglichen es den Tieren dennoch zusammenzuleben“, so die Studienautorinnen und -autoren, die einen Zusammenhang zwischen dem Sozialverhalten der Tiere und ihrem Hormonspiegel sowie dem Mikrobiom des Darms entdeckten. Welche Auswirkungen dies auf die Gruppendynamik von Katzen hat, beleuchtet ihre Studie, die nun im Fachjournal „PLoS ONE“ veröffentlicht wurde.

„Big Brother“ in der Katzen-WG

Die Untersuchung wurde mit drei Gruppen mit jeweils fünf Katzen aus einem Tierheim durchgeführt. Während des Experiments wurde jede Fünfergruppe für zwei Wochen in einem Raum der Azabu Universität untergebracht. Darin standen mehr Katzenbette als es Katzen gab, sodass die Tiere sich bei der Suche nach einem Ort zum Ausruhen nicht in die Quere kamen. Es gab zwei Futter- und zwei Wassernäpfe, die immer gut befüllt waren, und fünf Katzenklos.

Katzen, Haustiere
Koyasu et al., CC-BY 4.0
Zwei Mitglieder der japanischen Katzen-WG

Mit Videokameras wurde das Verhalten der Tiere beobachtet und aufgezeichnet. Täglich sammelten die Forscherinnen und Forscher zudem Urinproben der Katzen ein, um deren Hormonspiegel zu messen, und Stuhlproben, um die Mischung der Mikroorganismen im Darm – das Darmmikrobiom – zu analysieren.

„Kuschelhormon“ wirkt bei Katzen anders

Die statistische Analyse der Daten ergab, dass Katzen, deren Darmmikrobiome einander ähnelten, häufiger den Kontakt zueinander suchten. Katzen mit niedrigem Cortisol- und Testosteronspiegel zeigten sich in Interaktionen mit ihren Artgenossen toleranter, „was das Leben in der Gruppe erleichtert“, wie es in der Studie heißt.

Katzen mit hohem Cortisol- und Testosteronspiegel hatten hingegen weniger Kontakt mit anderen Mitbewohnern. Tiere mit hohem Testosteronspiegel machten zudem häufiger Fluchtversuche, wenn ihre Artgenossen ihnen zu nahe kamen.

Entgegen den Erwartungen zeigten Katzen mit hohen Konzentrationen des Hormons Oxytocin – auch als „Kuschelhormon“ bekannt – kein beziehungsorientiertes Bindungsverhalten, wie es aus der Forschung mit Gruppentieren eigentlich bekannt ist. Das Forschungsteam schlussfolgert daraus, dass Oxytocin bei Tieren, die in Gruppen leben (müssen), obwohl sie von Natur aus Einzelgänger sind, anders wirken könnte als bei Rudeltieren.

Auch tolerante Katzen sind Einzelgängerinnen

Die Forscherinnen und Forscher schränken ein, dass in der Studie lediglich eine Korrelation zwischen dem Hormonhaushalt und dem Sozialverhalten nachgewiesen werden konnte, jedoch keine Kausalität. Um dies weiter zu erforschen, biete sich eine Folgestudie an, in der die Tiere nicht nur zwei Wochen, sondern mehrere Monate lang beobachtet werden. So könnte das Zusammenspiel von Hormonen, Darmflora und dem Sozialverhalten der Katzen umfassender untersucht werden.

Schon jetzt steht für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jedenfalls fest: Eine ähnliche Darmflora und niedrige Testosteron- und Cortisolspiegel ermöglichen es Hauskatzen, einen Raum zu teilen und zusammen zu leben. Auch jene Katzen aber, die aufgrund dieser Faktoren toleranter als andere sind, betrachten sich selbst vermutlich nicht als Teil einer Gruppe – und ihre Artgenossen, die im selben Raum leben, nicht als ihre Gefährtinnen.