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tashatuvango – stock.adobe.com
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„Junkfluencer“

Viel Werbung für Ungesundes auf TikTok

Unternehmen nutzen Social-Media-Plattformen und werben darauf für ihre Produkte. Dabei preisen sie auch viel Ungesundes an. Das zeigt eine aktuelle Studie aus Australien – und auch die österreichische Internetexpertin Barbara Buchegger sieht die „Junkfluencer“ als Problem, denn die Zielgruppen auf TikTok sind meist noch sehr jung.

Soziale Netzwerke sind so gefragt wie nie. Davon zeugt auch der heurige Jugend-Internet-Monitor aus Österreich: Etwa 96 Prozent der elf- bis 15-Jährigen nutzen diesem zufolge das soziale Netzwerk WhatsApp, um sich gegenseitig Nachrichten, Bilder und Videos zu schicken. 95 Prozent schauen regelmäßig Videos auf YouTube und 81 Prozent nutzen die Plattform Instagram, um Bilder zu teilen.

Während WhatsApp, YouTube und Instagram schon seit Jahren etabliert sind, gewinnen auch neuere Plattformen immer mehr an Popularität – etwa die Video-App TikTok. Das soziale Netzwerk nutzen bereits etwa 70 Prozent der elf- bis 15-jährigen Kinder und Jugendlichen in Österreich. Weltweit hat TikTok Berichten zufolge über eine Milliarde aktive monatliche Nutzerinnen und Nutzer.

Keine einheitlichen Regulierungen

Die vielen Nutzerinnen und Nutzer machen Plattformen wie TikTok auch interessant für Unternehmen. Sie können dort ohne großen Aufwand oder Gebühren Tausende Menschen gleichzeitig erreichen. Wenig überraschend ist es daher, dass in den sozialen Netzwerken immer mehr Werbung zu finden ist. Einheitliche Regulierungen, was dabei beworben werden darf und wie Werbung gekennzeichnet werden muss, sucht man jedoch vergebens.

Das hat zur Folge, dass auf den Plattformen auch viele ungesunde Lebensmittel und vermeintlich gesundheitsfördernde Produkte angepriesen werden. Das weiß auch Barbara Buchegger, die pädagogische Leiterin von Saferinternet.at: „Gerade im Gesundheitsbereich sind es sicherlich TikTok und Instagram, die am ehesten relevant sind.“

Drei Arten von Werbung

Davon zeugt auch eine aktuelle Studie aus Australien. Die daran beteiligten Forscherinnen und Forscher haben die Plattform TikTok näher unter die Lupe genommen und die Kanäle von 16 großen Essens- und Getränkeherstellern analysiert. Das Ergebnis präsentieren sie derzeit im Fachjournal „BMJ Global Health“. Über einen Zeitraum von zwei Jahren untersuchte das australische Team knapp 540 Videos der Unternehmen, von denen jedes im Durchschnitt knapp 65.000-mal angesehen wurde.

Werbung gibt es auf TikTok laut den Forscherinnen und Forschern vor allem auf drei unterschiedliche Arten: durch die Unternehmen selbst direkt auf ihren eigenen Kanälen, durch Mitmachaktionen in Form von „Challenges“, die Nutzerinnen und Nutzer selbst zu Werbeträgern machen, oder durch Kooperationen mit Influencern – also mit auf der jeweiligen Plattform bekannten Persönlichkeiten.

Die Werbepraktiken sind dabei äußerst effektiv. Das australische Team hat unter anderem berechnet, dass durch Mitmachaktionen bestimmte Werbung zum Teil bis zu 108 Milliarden Mal von TikTok-Nutzerinnen und -Nutzern auf der ganzen Welt gesehen wurde.

Influencer als „Junkfluencer“

Jene Influencer, die auf ihren Kanälen für Junkfood und ungesunde Lebensmittel werben, nennt Buchegger auch „Junkfluencer“. „Diese Personen bewerben Ungesundes oft ganz offen und ohne, dass dabei Zweifel für Kinder und Jugendliche besteht, dass es sich um Werbung handelt. Hin und wieder ist das aber gerade für Kinder und Jugendliche auch schwer nachvollziehbar.“

Vor allem auf TikTok, wo viele kurze Videos in schneller Abfolge konsumiert werden, sei es oft schwierig, Werbung von normalen Beiträgen zu unterscheiden. „Im schnellen Durchschauen hat man gerade bei TikTok kaum Zeit, sich mehr damit auseinanderzusetzen“, so Buchegger gegenüber science.ORF.at.

Dass Unternehmen unter anderem auf die Kooperation mit Influencern setzen, ist für Buchegger nicht überraschend. Auf die Nutzerinnen und Nutzer haben sie, wie auch ihre englische Bezeichnung verrät, zum Teil großen Einfluss. „Influencer sind einfach sehr gute Werbeträger. Wenn Kinder noch sehr jung sind und diese Personen quasi als so etwas wie Freunde und als sehr vertrauenswürdig empfinden, ist ihre Glaubwürdigkeit natürlich groß.“ Das Bewerben eines Produkts könne dann schnell mit einer freundschaftlichen Empfehlung verwechselt werden.

„Bei den Kindern selbst ansetzen“

„In der australischen Studie geht es zwar nur um TikTok, aber auch auf allen anderen sozialen Netzwerken gibt es derartige Werbung“, so Buchegger. Kontrollorgane suche man dabei jedoch vergebens, bei den meist sehr wenigen plattformspezifischen Regeln werde oft auf die Influencer selbst gesetzt, sie auch einzuhalten.

Eine einheitliche und globale Regelung für alle sozialen Netzwerke, wie Werbung gekennzeichnet werden muss und was überhaupt beworben werden darf, sei nicht absehbar. Umso wichtiger ist es laut Buchegger, bei den Kindern selbst anzusetzen: „Gerade Werbung ist ein Thema, mit dem man sich schon sehr früh mit Kindern beschäftigen sollte. Je mehr man das tut, desto eher sind Kinder dann später auch selbst in der Lage zu unterscheiden und Werbung richtig einzuschätzen.“

Medienbildung „wichtiger denn je“

Eine ausführliche Medienbildung sei „wichtiger denn je“ und müsse schon früh in den Familien starten, so Buchegger – etwa durch das richtige Vorleben der Eltern. Die Internetexpertin erklärt: „Die Schokocreme, die Milch drinnen hat – ist die tatsächlich für meine Zähne gesund? Oder der Pudding mit Milch – ist der wirklich gut für mein Knochenwachstum?“ Diese Fragen zu klären und richtig einschätzen zu können sei sehr wichtig.

Auch in Schulen müsse das Thema aber künftig ernster behandelt werden. So wünscht sich Buchegger, dass sich die Kinder im Unterricht mit Medien generell und speziell dem Thema Werbung noch stärker auseinandersetzen. Nur so seien die jungen Nutzerinnen und Nutzer sozialer Netzwerke in der Lage, die Inhalte selbst einzuschätzen und daraus für sie passende und gesundheitsfördernde Konsequenzen zu ziehen.