Spritze und Impfstofffläschchen
Adobe Stock/Daniel CHETRONI
Adobe Stock/Daniel CHETRONI

Neuer Impfansatz könnte vor Varianten schützen

Die Suche nach neuen und effektiven Impfungen gegen SARS-CoV-2 beschäftigt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf der ganzen Welt. Ein vielversprechender Ansatz kommt nun aus Großbritannien. Mäuse waren damit nicht nur für die gängigen CoV-Varianten gewappnet, sondern auch für Coronaviren, die für Erkältungen verantwortlich sind.

Die Anstrengungen im Kampf gegen SARS-CoV-2 halten weiter an. Vor allem an Impfstoffen wird gearbeitet – manche davon sollen besser vor Infektionen schützen, andere sollen mehrere Virusvarianten auf einmal abdecken. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO hat erst vor Kurzem zur Entwicklung neuer Impfstoffe aufgerufen, die die Ausbreitung des Virus stärker eindämmen als die bereits verfügbaren.

Eine solche Impfung, die neben den verschiedenen Varianten auch vor normalen Erkältungen schützten könnte, ist derzeit in Großbritannien in Arbeit. Der neue Ansatz wurde zwar erst an Mäusen getestet, in den Tieren sorgte er aber für eine vielversprechende Immunantwort. Das britische Team um den Immunologen George Kassiotis vom Francis Crick Institute präsentiert die bisherigen Erkenntnisse aus dem Tierversuch nun im Fachjournal „Science Translational Medicine“.

Wirksame Antikörper gegen mehrere Varianten

Die behandelten Mäuse konnten in den Versuchen Antikörper produzieren, die unterschiedliche Coronaviren neutralisieren – nicht nur gängige Varianten von SARS-CoV-2, sondern auch solche, die für normale Erkältungen sorgen.

Der Infektiologe Peter Kremsner von der Universitätsklinik Tübingen war an der Studie nicht beteiligt, sieht darin aber grundsätzlich Potential. Dennoch sei der neue Ansatz bisher noch weit von einem Einsatz in der Praxis entfernt. Gegenüber science.ORF.at erklärt Kremsner: „Ob das dann wirklich auch bei Menschen funktioniert, müssen letztlich klinische Studien zeigen.“ Demnach sagen Tierexperimente – vor allem an Mäusen – oft nur wenig über die Wirksamkeit und die Verträglichkeit bei Menschen aus.

Mutationen erschweren Forschung

Das Problem bei den bisherigen Anstrengungen um einen Universalimpfstoff gegen Sars-CoV-2 besteht laut dem britischen Team vor allem darin, dass sich die unterschiedlichen Coronaviren zum Teil stark voneinander unterscheiden und ständig mutieren. Das sei auch der Grund dafür, dass sich Menschen regelmäßig erkälten und sich mehrfach mit unterschiedlichen Varianten von SARS-CoV-2 infizieren. Mehrere Virusvarianten gleichzeitig mit einer einzigen Impfung abzudecken, sei daher eine komplexe Herausforderung.

Um dieses Problem zu umgehen, wählten die britischen Forscherinnen und Forscher nun einen anderen Bereich des Virus als Ansatzpunkt. Da sich dieser auch als S2 bezeichnete Teil des sogenannten Stachel- bzw. Spikeproteins bei den verschiedenen Coronaviren nur gering unterscheidet und bisher kaum mutiert ist, können die Antikörper potenziell vor mehreren Varianten gleichzeitig schützen.

Kremsner gibt aber zu bedenken: „Dieser S2-Bereich ist im Moment noch ziemlich unangetastet – daher ist er bisher wahrscheinlich auch weniger mutiert.“ Ab dem Zeitpunkt, an dem der Bereich jedoch durch einen Impfstoff attackiert wird, sind laut dem Infektiologen auch stärkere Mutationen zu erwarten.

Kaum Schutz vor Ansteckung

Die britischen Forscherinnen und Forscher räumen im Rahmen der Studie selbst ein, dass der neue Ansatz wahrscheinlich schlechter vor einer generellen Infektion schützt als bisherige Impfstoffe. Vielmehr helfe er dabei, das Immunsystem auf künftige Infektionen vorzubereiten und so die Verläufe deutlich zu mildern.

Das hat laut Kremsner durchaus seinen Nutzen, laut ihm wäre es aber mindestens genauso wichtig, an einem tatsächlichen Schutz vor einer Infektion zu arbeiten und das Virus damit zu hindern, sich überhaupt erst im Körper anzusiedeln. Im neuen Ansatz aus Großbritannien sieht der Infektiologe diese Möglichkeit nicht.

Nasensprays hätten Vorteile

Vielversprechender für einen tatsächlichen Infektionsschutz seien Bemühungen rund um Impfstoffe, die zum Beispiel als Nasenspray verabreicht werden. Ihr größter Vorteil liege darin, dass damit bereits in der Nase und im Mund-Rachenbereich eine entsprechende Immunantwort entsteht, die das Virus gleich daran hindert, sich auszubreiten.

Einige solcher Impfstoffe sind laut Kremsner schon in Arbeit – zum Teil auch bereits in relativ weit fortgeschrittenen Stadien. Doch auch bei diesen Ansätzen dauere es noch bis zu einem breiten Einsatz bei Menschen.

Omikron-Variantenimpfstoffe bald verfügbar

Absehbarer seien hingegen auf Omikron angepasste Variantenimpfstoffe. Bis die ersten davon auf den Markt kommen, dauere es laut Kremsner nicht mehr ganz so lange. Er empfiehlt: „Sobald wir einen solchen Impfstoff demnächst haben, rate ich jedem und jeder, sich auch wirklich damit impfen zu lassen.“

Wie sich die Situation um SARS-CoV-2 in den kommenden Monaten entwickelt, sei momentan noch schwer vorherzusagen. Umso wichtiger ist es laut dem Infektiologen, mit einem möglichst guten Schutz gegen die derzeit gängigen CoV-Varianten in den Herbst zu gehen.