Wedellrobbenweibchen mit Jungem in der Antarktis
Michelle Shero
Michelle Shero
Nährstoffe

Muttermilch hilft Robbenbabys beim Tauchen

Die Muttermilch von Weddellrobben enthält sehr viel Eisen. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass der Nachwuchs der Meeressäuger von Beginn an lang unter Wasser bleiben kann. Die Mütter büßen dafür einen Teil ihrer eigenen Tauchfähigkeiten ein.

Weddellrobben können extrem lang unter Wasser bleiben. 96 Minuten ist der längste je gemessene Tauchgang, im Schnitt sind es etwa 20 Minuten. Auf der Jagd nach Fischen tauchen sie bis zu 600 Meter in die Tiefe, mitunter legen sie dabei mehr als zehn Kilometer zurück. Damit den antarktischen Meeressäugetieren dabei nicht die Luft ausgeht, braucht es ganz besondere körperliche Voraussetzungen.

Robben vor dem Abtauchen
Michelle Shero
Robben vor dem Abtauchen

Die Robben können sehr viel mehr Sauerstoff speichern als etwa Landsäugetiere oder Menschen. Im Verhältnis zum Körpergewicht fließt dafür sehr viel Blut durch ihre Adern, es macht ein gutes Fünftel ihrer Körpermasse aus, bei Landsäugern sind es nur sieben Prozent. Im Blut und in den Muskeln befindet sich viel Eisen, das den Sauerstoff binden kann. Außerdem wird der lebensnotwendige Sauerstoff sehr sparsam verbraucht.

Säugen kostet Substanz

Wie die Forscherinnen und Forscher um Michelle Shero von der University of Alaska nun berichten, wird den Robben die Voraussetzung für die Tauchfähigkeiten schon in die Wiege gelegt. Verglichen mit anderen Hundsrobben säugen Weddellrobben ihre Jungen relativ lang, nämlich sechs bis sieben Wochen. Dabei verbrauchen sie viele ihrer eigenen Reserven, zwischen 100 und 150 Kilogramm Köpergewicht verlieren die Weibchen. In der Muttermilch stecken aber – wie bei anderen Säugetieren – nicht nur Kalorien, sondern auch viele Mikronährstoffe wie Eisen.

Das zeigt die nun im Fachmagazin „Nature Communications“ erschienene Studie, für die Sheros Team von 2010 bis 2017 das Blut und die Muttermilch von Robbenmüttern analysiert und mit Weibchen verglichen hat, die in dieser Saison keinen Nachwuchs hatten. Weddellrobben gebären nur jedes zweite Jahr Nachwuchs. Außerdem wurde das Verhalten der Tiere während des ganzen Südsommers beobachtet.

Eisenreiche Muttermilch

Laut den Studienautorinnen und -autoren zirkuliert im Blut von frischgebackenen Müttern mehr freies Eisen als bei den anderen Weibchen. Anscheinend wird gespeichertes Eisen mobilisiert, um es an den Nachwuchs weiterzugeben. So gelangt der Mikronährstoff auch in die Muttermilch. In dieser befinden sich tatsächlich enorme Mengen an Eisen, hundertmal so viel wie bei Landsäugetieren. Für Menschen und andere Säugetiere wäre solche Mengen des hochreaktiven Elements toxisch und gefährlich. Warum sie für die Robben augenscheinlich unschädlich sind, sei unklar.

Wedellrobbenweibchen mit Jungem in der Antarktis
Michelle Shero
Robbenmutter und ihr Junges

Für die Mütter bleibt der Eisenverlust jedenfalls nicht ohne Folgen. Laut den Forscherinnen und Forscher sind die gespeicherten Mengen am Ende des Sommers deutlich geschrumpft. Das zeige sich auch in den kürzeren Tauchgängen. Im Schnitt jagen die Mütter zu Saisonende um fünf Minuten kürzer als die anderen Weibchen. Dafür begeben sie sich öfter auf die Jagd, vermutlich um den Substanzverlust durch das Säugen wieder auszugleichen und die Eisenspeicher zu befüllen.

Der Nachwuchs hingegen profitiert laut Shero und Co. vom Eisen in der Muttermilch. Wenn die jungen Weddellrobben selbst beginnen zu jagen, können sie länger unter Wasser bleiben und sich so besser selbst versorgen. Das kann unter Umständen ihr Überleben sichern. Denn etwa die Hälfte aller Jungrobben stirbt im ersten Jahr.