Zahlreiche Prognosen lassen darauf schließen, dass die Zahl der weltweiten Umweltkatastrophen und Extremereignisse künftig weiter zunimmt. Hauptverantwortlich dafür ist – wie so oft – die anhaltende Klimaerwärmung. Umso bedeutender sind daher Maßnahmen, die gegen extreme Dürren oder Hochwasser gesetzt werden. Aus früheren Ereignissen zu lernen und sich rechtzeitig auch für heftigere Situationen zu wappnen, sei dabei unumgänglich – darauf weisen internationale Forscherinnen und Forscher in einer aktuellen Studie im Fachjournal „Nature“ hin.
Österreich als positives Beispiel
Gelungen sei ein effektives Risikomanagement etwa bereits in Österreich. In der umfangreichen internationalen Studie des Teams um Heidi Kreibich vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam nennen die Forscherinnen und Forscher die Donauhochwasser aus den Jahren 2002 und 2013 als gelungene Beispiele.
Obwohl die Niederschlagsmengen im Jahr 2013 jene aus dem Jahr 2002 übertrafen und die Gefahr extremer Überschwemmungen generell höher war, kamen die Österreicherinnen und Österreicher im Jahr 2013 deutlich glimpflicher davon. Im Vergleich zum Hochwasser des Jahres 2002 war die Schadenssumme neun Jahre später deutlich geringer.
Besonders deutlich wird das laut einem Hochwasserbericht der Wiener Universität für Bodenkultur (BOKU) etwa am Beispiel des Machlands. 2002 wurden dort noch Schäden in Höhe von ungefähr 500 Millionen Euro verzeichnet. Im Jahr 2013 waren es hingegen nur rund 25 Millionen.
Ausnahme statt Regel
Dass bei den stärkeren Niederschlägen im Jahr 2013 die Schäden rund um die Donau geringer ausfielen, ist laut der internationalen Studie alles andere als die Norm. Das Team um Kreibich hat 45 Paare an Hochwassern und Dürren auf der ganzen Welt untersucht. Dabei konzentrierten sich die Forscherinnen und Forscher auf Orte, an denen zweimal im Abstand von durchschnittlich rund 16 Jahren extreme Pegelstände durch Hochwasser oder Dürren gemessen wurden.

Das internationale Forschungsteam hat berechnet, wie sich die nach dem ersten Ereignis gesetzten Maßnahmen zum Hochwasserschutz oder zur Anpassung an Dürren beim zweiten Extremereignis auswirkten. An vielen Orten, wo das zweite Ereignis ähnlich stark ausfiel wie das erste, konnten die Folgen der Überschwemmungen und Dürren deutlich abgeschwächt werden.
Anders sah es hingegen bei jenen Orten aus, an denen das zweite Ereignis deutlich stärker ausfiel als das erste. Österreich ist dabei mit dem erfolgreichen Risikomanagement an der Donau eher die Ausnahme als die Regel – aus den insgesamt 45 untersuchten Paaren gab es nur zwei, bei denen die Folgen beim zweiten Mal geringer waren, obwohl es beim zweiten Ereignis zu ausgeprägteren Dürre- oder Niederschlagsphasen kam.
Anpassung an Gewohntes
Die internationalen Forscherinnen und Forscher beweisen, dass bei vergleichbar starken Extremereignissen das Risikomanagement meist gut funktioniert. Dies zeige, dass sich die Gesellschaft oft nur an das anpasst, was sie kennt.
Entsprechend schwieriger sei es hingegen, auf Situationen zu reagieren, die über das Bekannte hinausgehen und nochmals ein Stück weit extremer sind. Der an der Studie beteiligte Hydrologe Günter Blöschl von der Technischen Universität Wien (TU) erklärt gegenüber science.ORF.at: „Auch aus politischer Sicht ist es natürlich schwerer eine potenzielle aber noch nie dagewesene Gefahr zu thematisieren und entsprechende Maßnahmen zu setzen.“ Die damit verbundenen finanziellen Ausgaben seien für theoretische Ereignisse oft nur schwer zu rechtfertigen und stoßen in der Öffentlichkeit oft auch Gegenwind.
Gefahr ernstgenommen
Dass die Schäden an der Donau im Jahr 2013 vergleichsweise gering ausfielen, ist laut Blöschl auf die zwischen 2002 und 2013 gesetzten Maßnahmen zurückzuführen. Er erklärt: „Das Risikomanagement in Österreich funktioniert insgesamt sehr gut.“ Das heiße nicht, dass es künftig zu keinen Umweltkatastrophen mehr kommen kann, die die Verantwortlichen vor Herausforderungen stellen, aber: „Das Thema wird in Österreich von allen Beteiligten sehr ernst genommen.“

Nur Infrastruktur reicht nicht
Konkret wurden nach dem Hochwasser im Jahr 2002 zum Beispiel mobile Dämme in der Wachau errichtet. Zu einem erfolgreichen Risikomanagement gehören laut Blöschl aber auch weitere Bereiche. Er erklärt: „Neben der passenden Infrastruktur gibt es auch andere Maßnahmen, die genauso wichtig sind – etwa gesetzliche und administrative Anpassungen oder das Verbessern der Vorhersagen.“ Auch in diesen Bereichen gab es nach dem Hochwasser im Jahr 2002 zahlreiche Fortschritte in Österreich.
Die hierzulande gesetzten Maßnahmen und Verbesserungen kosteten zwar nicht wenig, haben sich laut Blöschl aber spätestens im Jahr 2013 vielfach ausgezahlt. Auf den Lorbeeren ausruhen dürfe man sich aber trotzdem nicht. Blöschl: „Es ist alles andere als ausgeschlossen, dass wir in Zukunft noch mit extremeren Pegelständen konfrontiert werden.“ Weitere Verbesserungen des Risikomanagements seien also auch in Österreich unabdingbar.
Bessere Risikokommunikation
Blöschl: „Es ist immer sehr heikel, über künftige Extremereignisse zu sprechen, ohne dabei eine Panik auszulösen.“ Ein simples Kleinreden oder Wegschieben von unwahrscheinlichen, aber möglichen Szenarien sollte aber trotzdem vermieden werden. Blöschl sieht daher die Politik, aber auch die Medien in der Pflicht, die Risikokommunikation global, aber auch in Österreich weiter zu verbessern.
Auch bei der Infrastruktur und den gesetzlichen Rahmenbedingungen könnte laut Blöschl noch mehr getan werden. Im Fall der Fälle müssten etwa genug finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um schnell und effektiv zu handeln – egal ob es um extreme Hochwasser oder Dürrephasen geht. Auch letztere werden in Österreich künftig wahrscheinlich immer häufiger vorkommen.
Auch mit entsprechenden Maßnahmen bleibe aber ein gewisses Restrisiko bestehen, dass Extremereignisse noch heftiger ausfallen als erwartet. Diese Gefahr auch bereits bei der Raumplanung miteinzuberechnen und Risikogebiete eventuell nicht zu besiedeln, müsse demnach ebenfalls beachtet werden. Nur mit einem gut funktionierenden und ständig angepassten Risikomanagement könne auch im Extremfall ein „Super-GAU“ verhindert werden, so Blöschl.