Schwein
krumanop/stock.adobe.com
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Medizin

Totes Schwein zum Teil „wiederbelebt“

Ein Schwein ist bereits eine Stunde tot gewesen, mit einer neuen Technik konnten US-Fachleute es aber zum Teil wiederbeleben und wichtige Körperfunktionen wiederherstellen. Damit könnten in Zukunft Spenderorgane besser konserviert und ihre Qualität gesteigert werden.

Schon vor drei Jahren hatte ein Team um den Neurowissenschaftler Nenad Sestan von der Yale University in New Haven von der „Wiederbelebung“ von Schweinehirnen berichtet. Nun ist ihm Vergleichbares mit dem gesamten Körper eines Schweins gelungen.

Sauerstoff als Problem und Lösung

Das grundlegende Problem damals wie heute: Hört das Herz von Säugetieren auf zu schlagen, werden die Zellen nicht mehr mit Sauerstoff versorgt und sie sterben ab. Paradoxerweise schadet aber auch der Versuch, diesen Zellen wieder Sauerstoff zuzuführen – in der Fachsprache heißt das Reperfusionsschaden.

Seit Jahrzehnten sucht die Wissenschaft deshalb nach Strategien, um Zellen und Organe vor diesen Schäden zu schützen, die nach einem Schlaganfall, einem Herzinfarkt oder dem Aussetzen der Atmung auftreten können. Nenad Sestan und sein Team beschreiben nun in der Fachzeitschrift „Nature“ ein System namens „OrganEx“, mit dem man den Körper des toten Schweins erneut mit Sauerstoff versorgen kann, um Zellen und Organe eine Stunde nach einem Herzstillstand zu erhalten.

„OrganEx“ vs. Ecmo

Ähnlich wie bei den früheren Gehirnversuchen pumpten die Fachleute dabei eine bestimmte Flüssigkeit in die Blutbahn des toten Schweins. „OrganEx“ ließ die vor allem aus synthetischen Blutersatzstoffen bestehende Flüssigkeit im Körper des toten Tiers zirkulieren. Ebenfalls darin enthaltene Medikamente sorgten dafür, die durch den Sauerstoffverlust entstandenen Schäden auszugleichen.

Eine Stunde nach dem Tod des Testschweins verglichen die Fachleute „OrganEx“ sechs Stunden lang mit einer Herz-Lungen-Maschine (Ecmo), die in der Intensivmedizin oft eingesetzt wird – zuletzt etwa in der Covid-19-Pandemie. Während Ecmo laut Studie nicht alle Organe ausreichend durchblutete und viele kleinere Blutgefäße kollabierten, stellte „OrganEx“ den Blutfluss fast vollständig wieder her und stabilisierte zudem den Sauerstoffverbrauch.

Vergleich der Organfunktionen mit (rechts) oder ohne „OrganEx“
David Andrijev et al, Yale School of Medicine
Vergleich der Organfunktionen mit (rechts) oder ohne „OrganEx“-System

Bestimmte molekulare und zelluläre Prozesse seien bei einer Reihe von Organen – darunter Herz, Gehirn und Leber – wiederhergestellt worden. Außerdem deuteten Genexpressionsmuster laut den Fachleuten darauf hin, dass im Körper der Schweine Reparaturprozesse ablaufen.

Praktischer Einsatz noch fern

Bedeutsam könnte das in Zukunft für die Transplantation von Organen sein, denn hier zählt jede Sekunde. Weltweit besteht starkes Interesse an Konservierungsmethoden, die die Sauerstoffversorgung von Organen nach dem Tod verlängern – denn damit bleibt ihre Funktionalität länger erhalten. Bis Technologien wie „OrganEx“ bei Menschen anwendbar seien, würde es laut Angaben der Fachleute noch „sehr lange“ dauern. Ihre aktuelle Studie sei aber ein wichtiger Schritt in diese Richtung.