„Architekturstudium muss sich ändern“

Die Klimaerwärmung stellt auch die Architektur vor neue Herausforderungen. In der Architekturausbildung ist das bisher aber zu wenig berücksichtigt worden, kritisiert Daniel Fügenschuh von der Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen. Er fordert mehr Praxisnähe im Studium und einen gesamtheitlichen Blick in der Architektur.

Architektur sei sehr vielschichtig; reiche von Raum- und Stadtplanung bis hin zu Produktdesign, sagt der Architekt Daniel Fügenschuh. Das Architekturstudium jedoch werde immer eindimensionaler. „Wir sehen eine starke Spezialisierung, hauptsächlich in verschiedenen technischen Bereichen, und gleichzeitig gehen Themen, die immer eine große Rolle gespielt haben, verloren" – Themen wie beispielsweise Innenraumgestaltung, Städtebau oder Stadtplanung.

Think Tank „Architekturausbildung“

Die Architekturausbildung müsse an die künftigen Herausforderungen beim Bauen angepasst werden, meint der Architekt, der als Vizepräsident der Bundeskammer der Ziviltechnikerinnen und -techniker die Interessen der Architektinnen und Architekten vertritt. Gemeinsam mit Österreichs Universitäten und Fachhochschulen hat die Bundeskammer den Think Tank „Architekturausbildung" gegründet und in einem ersten Schritt die Interessen von Lehrenden, Studierenden sowie Architektinnen und Architekten erheben lassen.

Auf künftige Aufgaben vorbereiten

„Die großen gesellschaftlichen Probleme, die anstehen, sehen alle gleich“, sagt Daniel Fügenschuh. Antworten darauf müssten nicht nur in der Praxis, sondern auch in der Ausbildung gefunden werden, immerhin gelte es zukünftige Architektinnen und Architekten bestmöglich auf ihre Aufgaben vorzubereiten. Oft müssen sie eine Vermittlerrolle einnehmen und unterschiedliche Interessen und Anforderungen zusammenbringen. Nicht immer decken sich die Anforderungen der Haustechnik mit jenen der Statik, nennt Fügenschuh ein Beispiel. In solchen Situationen sei es wichtig, das gesamtheitliche Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.

Fähigkeiten wie energieeffizientes Bauen oder ein sparsamer Umgang mit Boden in der Architektur, seien immer schon zentral gewesen, betont der Architekt. Doch es kämen neue Anforderungen dazu: Neben Baukonstruktion und Planzeichnen, seien auch vernetztes Denken und Verantwortungsbereitschaft wichtige Kompetenzen.

Gesamtheitlichen Blick schärfen

Die Klimakrise verlange einen gesamtheitlichen Blick; gerade in der Architektur. So sei es zwar technisch möglich, ein Passivhaus auf die grüne Wiese zu stellen – ist aber gleichzeitig kein Lebensmittelmarkt in Gehdistanz und braucht die Familie zwei Autos für ihren Alltag, sei so ein Haus nicht nachhaltig, meint Daniel Fügenschuh. „Man muss dafür die Landschaft verbauen und die Infrastruktur dorthin führen und hat im Grunde, gesamtheitlich betrachtet, keine positive, zukunftsfähige Entwicklung.“

Mehr Praxis im Studium

Viele Kolleginnen und Kollegen würden ressourcenschonend bauen und beispielsweise bei Gebäudeabbrüchen Materialien wiederverwenden. Ein zeitaufwendiger Prozess, für den es Expertise brauche. Expertise, die vorhanden sei, sich aber stärker in den Lehrplänen wiederfinden sollte, findet Fügenschuh. Weshalb er dafür plädiert, mehr Praxis im Architekturstudium zu verankern.