Wasserfledermaus
APA/Wolfgang Buchhorn
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Coronaviren

Fledermaus und Mensch: Kontakte vorbeugen

Fledermäuse gelten als Ursprung des SARS-Coronavirus-2 und als Reservoir für bis zu 3.000 weitere Coronaviren. Infektionsepidemiologen aus den USA haben nun ein Modell für Südostasien erstellt, um einzuschätzen, wie häufig dort Menschen und Fledermäuse in Kontakt kommen – das soll Artenschutz und Prävention verbessern.

Fledermäuse leben zurückgezogen, in großen Gruppen, die nur nachts aktiv werden. Doch der Mensch dringt immer weiter in den Lebensraum dieser Wildtiere ein. Das bedroht nicht nur Artenvielfalt und Ökosysteme, diese Kontakte bergen auch Gesundheitsrisiken: Fledermäuse gelten als Ursprung von SARS-CoV-2 und als Reservoir für bis zu 3.000 weitere Coronaviren.

Forschende der Eco Health Alliance um Peter Daszak haben nun ein Modell erstellt, um Kontakte von Menschen und Fledermäusen besser einschätzen zu können – die Studie ist soeben in „Nature Communications“ erschienen.

Tausende Infektionen pro Jahr

Das Forscherteam konzentrierte sich in seinen Berechnungen auf 26 Fledermausarten, die in Südostasien beheimatet sind und auf ein Areal, das von Südchina bis Indien reicht, in dem 500 Millionen Menschen leben. Hinzu kamen Untersuchungsergebnisse zu Antikörpern im Blut der lokalen Bevölkerung, die Hinweise auf Infektionen liefern. „Diese Antikörperstudien geben uns Hinweise darauf, ob jemand in den vergangenen Jahren mit einem Coronavirus infiziert wurde“, sagt Daszak.

Das Forscherteam schätzt, dass sich in dieser Region jedes Jahr rund 66.000 Menschen mit einem SARS-verwandten Coronavirus infizieren. Das heißt, es gebe jeden Tag eine Infektion mit einem Coronavirus, das der Wissenschaft bis dato unbekannt ist, so Daszak. „Die gute Nachricht ist, dass die meisten dieser Coronaviren nicht dazu in der Lage sind, unsere Zellen und unsere Körper zu übernehmen und sich zu verbreiten“, so der Epidemiologe weiter. Doch das gelte eben nicht für alle.

Langzeitdaten notwendig

Die Studienergebnisse zeigten, dass das Infektionsgeschehen in dieser Region genauer beobachtet werden müsse, um zukünftige Pandemien zu verhindern, schlussfolgern die US-Forschenden. Dieses Modell liefere erste Hinweise auf mögliche Infektions-Hotspots, sagt Nikolaus Huber von der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Aber es brauche Langzeitdaten, um vorbeugen zu können und folglich Investionen in langfristige Forschungsprojekte.

„Solche Modelle können uns zeigen, wie hoch die Biodiversität in diesen Regionen ist und wie stark die Kontakte mit Menschen schwanken“, so Huber. Diese Daten seien der Grundstein, um Bekämpfungs- bzw. Vorbeugungsprogramme überhaupt planen zu können. Je genauer die Daten, desto besser die Prognoseinstrumente, so Huber weiter.

Aufklären, um vorzubeugen

Um vorzubeugen, sei auch Aufklärung wichtig, sagt die Zoologin Claudia Kubista von den Österreichischen Bundesforsten und der Universität für Bodenkultur. Anders als in Europa würden Fledermäuse in Teilen Südostasien gejagt und verzehrt. Der Kot der Tiere, ein potenter Pflanzendünger, werde ohne Schutzvorkehrungen in Höhlen eingesammelt.

„Wenn ich ein Tier esse, schlecht verarbeite oder beispielsweise Früchte konsumiere, die das Tier vorher angeknabbert hat, wo der Speichel noch dran klebt, können Menschen mit potentiell gefährlichen Coronaviren in Kontakt kommen“, so Kubista. All das gebe es in Eruopa nicht. Hinzu komme: In Österreich leben keine Fledertiere, die Früchte essen. Die hier heimischen Arten ernähren sich ausschließlich von Insekten.

Prävention als Artenschutz

Präventionsprogramme seien nicht nur wichtig, um die Ausbreitung SARS-verwandter Coronaviren zu verhindern, sagt Kubista. Sie würden auch Fledermäuse und ihre Lebensräume schützen, die für Ökosysteme eine wichtige Rolle spielen: Sie vertilgen Insekten, darunter zahlreiche Schädlinge, düngen Pflanzen, verbreiten Samen und sind wichtige Bestäuber.

In Österreich zählen Fledermäuse zu den am stärksten bedrohten Säugetierarten. Das Insektensterben, bedingt durch die industrualisierte Landwirtschaft, hat die Populationen bereits in den 1950er und 1960er dramatisch schrumpfen lassen. Kontakte mit Menschen gibt es defacto nicht. Die Übertragung eines Coronavirus auf Menschen wurde hierzulande nie beobachtet.