Schimpanse gibt Laut von sich
Kate Grounds
Kate Grounds
Kommunikation

Vereinfachter Kehlkopf erleichterte Sprechen

Der Mensch verfügt verglichen mit anderen Primaten über einen recht einfach aufgebauten Kehlkopf. Genau das ermöglicht laut einem Forschungsteam die stabilere Produktion komplexer Laute, also das Sprechen. Der Schlüssel liege vermutlich im Verlust von Luftsäcken und Stimmmembranen im Kehlkopf im Laufe der Evolution.

Grundsätzlich unterscheidet sich die Lautproduktion beim Menschen bekanntlich nicht von jener vieler anderer Tiere: Die Luft aus der Lunge versetzt die Stimmlippen im Kehlkopf in Schwingungen, die im Mund und Rachenraum noch ein bisschen verändert werden können. Während teils aufsehenerregende Arbeiten mit speziell trainierten Menschenaffen belegen, dass die Tiere grundsätzlich dazu fähig sind, etwa Zeichensprache zu benutzen, ist die Utopie bzw. Dystopie der diversen „Planet der Affen“-Filme, in denen unsere nächsten Verwandten praktischerweise die menschliche Sprache adoptieren, weit im Bereich der Science-Fiction anzusiedeln.

Über die Gründe für die so originär menschliche Ausdrucksweise in Form von vielfältigsten Lautsprachen, die mehr oder weniger alle ähnlichen Grundprinzipien folgen, wurde bereits viel geforscht. Einerseits wurden die neuronalen Voraussetzungen für Sprache analysiert, andererseits suchte man nach anatomischen Unterschieden im Vokaltrakt. Dass der abgesenkte menschliche Kehlkopf und der tief im Rachen liegende Zungenansatz eine große Rolle bei der Fähigkeit zum Sprechen spielt, liegt auf der Hand. Neuere Erkenntnisse hätten jedoch gezeigt, dass auch viele Primaten eine erstaunliche Bandbreite an Frequenzen und Lautäußerungen produzieren können, wie Harold Gouzoules von der Emory University in einem Perspektivenartikel zu der im Fachjournal „Science“ erschienenen Studie schreibt.

Vergleich mit Primaten

Das Team um Takeshi Nishimura von der Kyoto University, dem mit Tecumseh Fitch und Christian Herbst auch an der Universität Wien tätige Wissenschaftler angehörten, hat sich der Anatomie des Vokaltraktes nun detailliert und vergleichend angenähert.

Zwei Brüllaffen
Jacob C. Dunn
Zwei Brüllaffen

So wurden die Kehlköpfe von 44 Primatenarten mittels Magnetresonanztomografie (MRT) und Computertomografie (CT) untersucht. Hier zeigte sich einmal mehr, dass im Gegensatz zum Menschen andere große Menschenaffen sackartige Erweiterungen des Kehlkopfes (Luftsäcke) aufweisen. Über solche Strukturen verfügte vielleicht auch noch der Menschenvorfahre Australopithecus, viele spätere Vorgänger unserer Spezies allerdings höchstwahrscheinlich nicht mehr. Ein weiterer markanter Unterschied sind auch dünne Erweiterungen auf den Stimmlippen (Stimmmembranen), die sich typischerweise bei anderen Primaten nachweisen lassen, beim Menschen hingegen nicht, heißt es in der Studie.

Modelle der Kehlköpfe

Zuerst beobachtete das Team, was im Kehlkopf der verschiedenen Spezies bei der Lautproduktion vor sich geht. In der Folge bildete man die Strukturen anhand von Modellen nach. Dabei zeigte sich, dass die Lautäußerungen sowohl in Anwesenheit der Luftsäcke als auch der Stimmmembranen eher dazu neigen, instabil und chaotisch zu werden.

Für die Forscher liegt darin ein Schlüssel zur Fähigkeit des Menschen, und vermutlich auch bereits vieler seiner Vorfahren, stabile Laute zu formen. Das Fehlen der beiden anatomischen Strukturen hilft demnach dabei, vielfältige stimmliche Äußerungen gezielt hervorzurufen. „Paradoxerweise folgte die gesteigerte Komplexität der gesprochenen Sprache beim Menschen auf eine Vereinfachung unserer Kehlkopfanatomie“, schreiben Nishimura und Co.