Hornhaut, künstlich,
Thor Balkhed/Linköping University
Thor Balkhed/Linköping University
Biomedizin

Künstliche Hornhaut gibt Sehkraft zurück

Etwa 12,7 Millionen Menschen sind weltweit von Keratokonus betroffen – einer Augenerkrankung, die unbehandelt zur Erblindung führt. Ein schwedisches Unternehmen entwickelte nun eine künstliche Hornhaut, die die Wiederherstellung der Sehkraft ermöglicht.

Keratokonus ist eine progressive Erkrankung des Auges und eine der weltweit häufigsten Ursachen für den Verlust der Sehkraft. Dabei wird die Hornhaut des Auges immer dünner und wölbt sich mit Fortschreiten der Krankheit nach außen. Rund 13 Millionen Menschen sind weltweit betroffen, jährlich werden es etwa eine Million mehr.

Bisherige Behandlungsmethoden erfordern den Einsatz von menschlichem Spendergewebe. Dieses ist jedoch Mangelware: Auf 70 Patientinnen und Patienten fällt ein Transplantat. Die Operation ist zudem mit einem hohem Infektionsrisiko und langen Genesungszeiten verbunden. Ein Forschungsteam entwickelte nun in Zusammenarbeit mit der schwedischen Firma LinkoCore Life Sciences AB ein künstliches Transplantat, das die Behandlung vereinfacht und von Spendergewebe unabhängig macht.

Kollagen aus Schweinehaut

Über die Resultate einer ersten erfolgreichen klinischen Studie mit 20 Patientinnen und Patienten aus dem Iran und Indien, berichten die Forschenden rund um Mehrdad Rafat aktuell im Fachmagazin „Nature Biotechnology“. Basis für die künstliche Hornhaut, die die Form einer Kontaktlinse hat, ist biologisches Kollagen aus Schweinehaut. Dieses ist ein Nebenprodukt der Nahrungsmittelindustrie und kommt laut den Autorinnen und Autoren bereits bei der Behandlung von Glaukomen (Grüner Star) zum Einsatz. Das fertige Transplantat beinhaltet keine tierischen Zellen mehr und kann bis zu zwei Jahre lang gelagert werden.

Die lange Haltbarkeit sei ein wichtiger Schritt, um eine weltweite Behandlung zu ermöglichen, heißt es in der Studie. Denn besonders in einkommensschwachen Regionen, in denen der Zugang zum Gesundheitssystem oft eingeschränkt ist, seien kostengünstige und nachhaltige Methoden ausschlaggebend.

Vereinfachte Methode mit kürzerer Genesungszeit

Bisher konnten Rafat und sein Team das synthetische Transplantat 20 Patientinnen und Patienten erfolgreich einsetzen. Sie entwickelten eine Operationstechnik, die deutlich weniger invasiv ist als bisherige Methoden: Zum Einsetzen der Hornhaut wird nur ein knapp zwei Millimeter langer Schnitt benötigt. Das Eigengewebe wird dabei erhalten und nicht beschädigt.

Anders als bei Operationen mit menschlichem Spendergewebe, kommen keine zusätzlichen Nähte zum Einsatz, wodurch Nachbehandlung und Rekonvaleszenz weniger Zeit in Anspruch nehmen. „Eine weniger invasive Methode kann in mehr Krankenhäusern eingesetzt werden und dadurch mehr Menschen helfen“, sagt Autor Neil Lagali über die eigens entwickelte Technik. Bisher wurden solche Operationen nur an wenigen Universitätskliniken durchgeführt.

Zusätzlich reduziert sich durch das neu entwickelte Transplantat die notwendige Einnahme von Immunsuppressiva. Bei herkömmlichen Methoden mussten Patientinnen und Patienten die Medikamente über mehrere Jahre hinweg einnehmen. Dank der künstlichen Hornhaut werden lediglich acht Wochen lang spezielle Augentropfen benötigt, um eine mögliche Abstoßung verhindern.