Flussverlauf mit wenig Wasser
APA/AFP/Marco Sabadin
APA/AFP/Marco Sabadin

Forscher für „Management des Wasserjahres“

Heiße Sommer und trockene Winter könnten in Österreich bald zu Wassermängeln führen. Um mögliche Wasserkrisen besser bewältigen zu können, braucht es laut dem Wasserbauexperten Christoph Hauer klimawandelfitte Flüsse und Pläne, um das „Wasserjahr zu managen“.

Die Gemengelage mit dem zuletzt trockenen Winter und dem von Hitzewellen und Dürren geprägten Sommer hat europaweit für beunruhigende Flusspegelstände gesorgt. Österreich sei mit seinem starken Fokus auf Wasserkraft „noch gut aufgestellt“, müsse sich aber auf Mangelszenarien besser einstellen, sagte der Wasserbauexperte Christoph Hauer vom Institut für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung der Universität für Bodenkultur Wien.

Es brauche klimawandelfitte Flüsse und möglichst bald „Klimanotfallpläne“, um das „Wasserjahr zu managen“. Vor allem die Laufkraftwerke an den Flüssen seien davon abhängig, wie viel Wasser in ihrem Einzugsgebiet abfließt.

Gletscher leisten „noch großen Beitrag“

Noch seien jene Gletscher in den Alpen vorhanden, die einen beträchtlichen Anteil an kühlem Nass liefern. Wenn diese aber weiter so rasch schwinden, wird man auf ihren Beitrag in Zukunft verzichten müssen, so Hauer gegenüber der APA. Obwohl das vermeintlich ewige Eis heuer seinen Beitrag leistet, zeigt sich an der Donau eine „Niederwasser“-Situation, „wie sie normalerweise erst im Jänner auftritt“.

Pflanzen vor Gletscher
REUTERS
Gletscher leisten einen großen Beitrag zum Wasserstand in Österreichs Flüssen

Dass entlang der Donau trotzdem die Stromproduktion auf niedrigerem Niveau weiterläuft, liege auch am Inn als Zubringerfluss, der noch mit viel Gletscherwasser gespeist wird. Die Klimaerwärmung könne diese Situation künftig „deutlich verschärfen“, so Hauer. Bricht einmal diese Wasserbasis für die großen Flüsse hierzulande weg, drohen sehr niedrige Flusspegelbereiche.

Bei den Speicherkraftwerken kann ein niederschlagsreicher Winter die Becken entsprechend auffüllen, was Dürrephasen in anderen Jahreszeiten zumindest aus Sicht der Stromproduktion weniger dramatisch mache. Bei Pumpspeicherkraftwerken kann das Wasser hin und her gepumpt werden, die größten Verluste entstehen hier durch Verdunstung, die im alpinen Raum aber weniger ins Gewicht fallen. „Es gibt unterschiedliche Sensibilitäten der Wasserkraft in Abhängigkeit von den Typen.“

Umdenken hat erst begonnen

Auch wenn natürlich das kommende Jahr niederschlagstechnisch auch wieder deutlich üppiger ausfallen könne, ist in unseren Breiten in Zukunft im Durchschnitt mit längeren Trockenheitsperioden zu rechnen. Daher sollte man an das Wassermanagement planvoller herangehen, so Hauer.

Da die Stromerzeugung mit Wasserkraft künftig häufiger in Engpässe geraten könnte, sollte dem Energiesparen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Diese auf der Hand liegende Option ist allerdings über lange Zeit gar nicht en vogue gewesen. Im Zuge der mannigfaltigen Krisen im heurigen Jahr ortet der Forscher zumindest ein beginnendes Umdenken.

„Mit der Wasserkraft sind wir für die nächste Zeit schon noch ganz gut aufgestellt. Es kann sich aber ändern, und daher müssen wir uns auf die Zukunft vorbereiten“, so Hauer. Die Wissenschaft sei hier gefragt, Szenarien für die Politik zu entwickeln, anhand derer man „Klimanotfallpläne“ erarbeiten kann: „Auch die Flüsse müssen fit für den Klimawandel werden.“

Ein Donau-Altarm im Nationalpark Donauauen.
APA/KOVACS
Durch lange Dürreperioden im Sommer und trockene Winter ist auch die Artenvielfalt in österreichischen Flüssen gefährdet

Biodiversität leidet ebenso wie Wirtschaft

Letztlich hängen die Energiewirtschaft, die Landwirtschaft, die Wasserversorgung oder auch der Tourismus stark von den Wasserläufen ab. Zeichnet sich ab, dass sich ein trockener Winter mit einem regenarmen Hitzesommer quasi die Klinke in die Hand gibt, sollte es konkrete Pläne geben, wie die Wassernutzung optimal organisiert wird.

Bei all dem Fokus auf Energiesicherheit und die Wirtschaft dürfe man auch die Biodiversität nicht vergessen. So gab es heuer das von einer großen Blaualgenblüte ausgelöste Fischsterben an der Thaya. Von solchen Ereignissen erholt sich ein Ökosystem nur in längeren Zeiträumen. Kommt es zu mehreren solchen Begebenheiten in nur wenigen Jahren, wird das Ökosystem sehr nachhaltig geschädigt: „Wir haben eine Energiekrise, wir haben aber auch die Biodiversitätskrise.“

Hier gelte es, weitere Schritte in Richtung Revitalisierung der Flüsse zu setzen: „Es gibt keine bessere Klimawandelanpassung, als dass man den Flüssen wieder eine eigendynamische Entwicklung ermöglicht.“ Das sei letztlich auch extrem wichtig, wenn man an das andere Niederschlagsextrem in Form eines Hochwassers denkt. Rückgebaute Flüsse garantieren auch Ausweichoptionen für überschüssiges Wasser: „Unsere Flüsse sind in vielen Bereichen zu schmal.“