Nervenzelle, Gehirn
ktsdesign – stock.adobe.com
ktsdesign – stock.adobe.com
Medizin

Krebsmittel auch gegen Alzheimer einsetzbar

Tiroler Fachleuten zufolge könnten Krebsmedikamente künftig auch gegen Alzheimer eingesetzt werden. Ihnen gelang es nachzuweisen, dass Alzheimer-Nervenzellen denselben Wandel in ihrem Stoffwechsel durchlaufen wie Krebszellen.

Wirkstoffe, die in der Krebsbehandlung eingesetzt werden, könnten dazu führen, dass Alzheimer-Nervenzellen ihr Erwachsenenstadium länger beibehalten, berichtet ein Team um Jerome Mertens vom Neural Aging Laboratory der Uni Innsbruck im Fachmagazin „Cell Metabolism“.

Veränderter Stoffwechsel

„Unsere bisherigen Untersuchungen haben bereits gezeigt, dass Alzheimer-Neuronen Krebszellen sehr ähnlich sind, mit dem großen Unterschied, dass Krebszellen unkontrolliert wachsen und Alzheimer-Neuronen unkontrolliert absterben“, erklärte Larissa Traxler, Post-Doc am Institut für Molekularbiologie, in einer Aussendung. Im Zuge der Arbeit habe sich das Team speziell auf den Stoffwechsel (Metabolismus) der Alzheimer-Nervenzellen fokussiert und diesen „mit dem sehr spezifischen und gut erforschten Metabolismus von Krebszellen verglichen“, führte Traxler weiter aus.

Diese Untersuchungen hätten besagte Ähnlichkeit bestätigt. Die Studienverantwortlichen sprachen vom sogenannten „Warburg-Effekt“ – einem Wechsel im Stoffwechsel von Krebszellen vom Erwachsenen- ins Embryonalstadium. Dieser trete demnach auch bei Alzheimer-Nervenzellen auf. „Alzheimer-Neurone machen einen sehr ähnlichen Wechsel zum embryonalen Metabolismus durch wie Krebszellen. Da in Nervenzellen allerdings, sobald sie sich zu teilen beginnen, der Zelltod eingeleitet wird, sterben diese anders als Krebszellen, die sich unkontrolliert vermehren, ab“, so die Mikrobiologin.

Links: In-vitro Kultur von induzierten Neuronen (rot) von Alzheimer-Patienten enthalten viel PKM2 (grün). Rechts: PKM2 (grün) wird auch in Neuronen (rot) im Gehirn von Alzheimer-Patienten gefunden
Larissa Traxler
Links: In-vitro Kultur von induzierten Neuronen (rot) von Alzheimer-Patienten enthalten viel PKM2 (grün). Rechts: PKM2 (grün) wird auch in Neuronen (rot) im Gehirn von Alzheimer-Patienten gefunden

Gibt bereits Wirkstoffe

In der Krebstherapie gebe es bereits Wirkstoffe, die speziell auf ebenjenen „Warburg-Effekt“ abzielen. Hierfür werde insbesondere auf das Protein PKM2 fokussiert. PKM2 wird vermehrt in Krebszellen als auch in den Alzheimer-Neuronen produziert, und gilt als einer der Hauptregulatoren in dem Wechsel zum embryonalen Metabolismus. Wirkstoffe, die den Warburg-Effekt in Krebszellen hemmen, würden laut Traxler auch bei Alzheimer-Nervenzellen dazu führen, dass die Nervenzellen ihr Erwachsenenstadium länger beibehalten. Nun liege das Augenmerk der Forscher und Forscherinnen darauf, diese Wirkstoffe für alternde Nervenzellen zu optimieren und sie so anzupassen, dass sie optimal ins Gehirn gelangen und dort gegen Alzheimer wirken können, hieß es.

In ihrer Forschung verwendeten die Innsbrucker Mikrobiologinnen und -biologen sogenannte induzierten Neuronen (iNs) – Nervenzellen, die aus Hautzellen von Patientinnen und Patienten gezüchtet werden und dadurch deren Alter sowie weitere epigenetische Daten enthalten. Die Erkenntnisse gewann das Innsbrucker Team in einer Kooperation mit der Universität Denver und des Salk Institutes in La Jolla (beide USA).