Korallen im Roten Meer
Morgan Bennett-Smith & Michael Berumen/KAUST
Morgan Bennett-Smith & Michael Berumen/KAUST
Umwelt

Korallen können sich mit „Ventilator“ gezielt schützen

Bestimmte Korallen haben laut einer neuen Studie eine Art eingebauten Ventilator, der sie vor Umweltstress schützt. Da er vermutlich nicht bei allen gleich gut ausgebildet ist, könnte er erklären, warum Korallen unterschiedlich anfällig für eine Bleiche sind.

Wie das Alfred-Wegener-Institut (AWI) am Dienstag in Bremerhaven mitteilte, können Steinkorallen die Sauerstoffkonzentration im Meerwasser direkt an ihrer Oberfläche durch koordinierte Schläge ihrer winzigen Flimmerhärchen aktiv beeinflussen. Es entstehen demnach Wirbel, die bestimmte Bereiche belüften.

Der Mechanismus sei bisher unbekannt und vermutlich nicht bei allen Korallen gleichermaßen ausgeprägt, berichteten die AWI-Fachleute. Das wiederum könnte erklären, warum bei einer Bleiche einige Korallen in einem Riff langsamer oder gar nicht bleichen, wie sie in der Fachzeitschrift „Current Biology“ schreiben.

Symbiose in Gefahr

Die sogenannte Korallenbleiche ist eine Reaktion auf zu warmes Meerwasser und tritt wegen des globalen Klimawandels zunehmend häufiger auf. Korallen sind von kleinen Polypen geschaffene Kalkgerüste, die in Symbiose mit Algen leben. Die Algen, die auch für die Farbe verantwortlich sind, betreiben Photosynthese und versorgen die Polypen mit Zucker und anderen Nährstoffen.

Gerade bei hohen Wassertemperaturen kann laut AWI der von den Algen bei der Photosynthese ebenfalls produzierte Sauerstoff allerdings derart anreichern, dass sich die biochemischen Prozesse verändern und zellschädigende freie Sauerstoffradikale entstehen. Die festsitzenden Polypen, die ihren Standort nicht wechseln können, stoßen die Algen ab. In der Folge sterben sie oft ab.

Flimmerhärchen sorgen für Wasserwirbel

Bei neuen Detailuntersuchungen zur Sauerstoffverteilung an der Oberfläche der Steinkoralle (Porites lutea) stellten die AWI-Forscherinnen und -forscher nun fest, dass die Polypen diese entgegen der bisher gängigen Theorie offenbar aktiv beeinflussen können. So versetzen sie ihre Flimmerhärchen koordiniert in Bewegung, um winzige Wasserwirbel zu erzeugen. Damit „pumpen“ sie Wasser gezielt in Bereiche mit vielen Algen, in denen auch viel Sauerstoff entsteht.

Die Fachleute entdeckten den Mechanismus demnach durch Beobachtungen mit nicht näher genannten Überwachungstechnologien und simulierten die Vorgänge zudem in einem Computermodell. Demnach konnten die Korallen die Zahl der Bereiche mit einer kritischen hohen Sauerstoffkonzentration um die Hälfte reduzieren.

„Die festsitzenden Korallen sind also nicht auf Gedeih und Verderb der Meeresumwelt ausgeliefert, wie man bisher gedacht hat“, erklärte AWI-Forscher Moritz Holtappels. Sie könnten überschüssigen Sauerstoff im Wasser mit einem „ausgeklügelten Ventilationssystem“ faktisch wegfächeln, was insbesondere in Meeresgebieten mit nur geringer Wasserströmung überlebenswichtig sein könne.