Trockenes Feld wird künstlich bewässert
APA/HARALD SCHNEIDER
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Ernährungssicherheit

„Betrunkene“ Pflanzen trotzen der Dürre

Mit der Klimaerwärmung werden Dürren häufiger. Japanische Fachleute haben nun einen einfachen Weg gefunden, um Reis und Weizen vor Dürreschäden zu schützen. Behandelten sie die Pflanzen vor einer Dürreperiode mit Alkohol, kamen sie zwei Wochen ohne Wasser aus.

Lang anhaltende Dürren und andere Katastrophen wie Kriege und Pandemien führen die Welt immer weiter in eine Ernährungskrise. Derzeit gelten 345 Millionen Menschen als akut ernährungsunsicher.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler rund um Motoaki Seki vom RIKEN-Forschungsinstitut suchten nun nach einer Möglichkeit, um Pflanzen vor Dürreschäden zu schützen. In einem Experiment behandelten sie Weizen, Reis und den Modellorganismus Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand) mit Ethanol. Die Ergebnisse der Untersuchung erschienen aktuell im Fachjournal „Plant and Cell Physiology“.

Günstige und zugängliche Option

Versuche, Nutzpflanzen vor dem Austrocknen zu schützen, sind aufwändig und beinhalten oft teure, genveränderte Arten. Diese modifizierten Pflanzen verschließen bei Dürre ihre Stomata, wodurch weniger Wasser über die Blätter verloren geht. Die Stomata sind kleine Spaltöffnungen an der Blattoberfläche, die den Gasaustausch zwischen Pflanze und Umwelt regulieren.

In jenen Ländern mit dem größten Bedarf seien diese teuren genmodifizierten Pflanzen jedoch kaum zugänglich. Seki und sein Team fanden mit der Anwendung von Ethanol eine günstige Option, die weltweit zum Einsatz kommen könnte. Wie sich zeigte, verhalten sich Weizen und Reis unter Einfluss des Alkohols ähnlich wie genmodifizierte Arten, denn sie verschließen ihre Poren ebenfalls.

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RIKEN
Drei Viertel der mit Alkohol behandelten Pflanzen überlebten die Dürre

Zusätzlich nutzen die Pflanzen das Ethanol, produzieren daraus Zucker und können weiterhin Photosynthese betreiben. Zucker ist für Pflanzen eigentlich schwer zugänglich, sobald die Stomata geschlossen sind.

Alkohol ermöglicht Pflanzen Frühstart

Dass die behandelten Pflanzen zwei Wochen ohne Wasser auskommen, ist laut den Forscherinnen und Forschern auf bestimmte Gene zurückzuführen. Mithilfe von radioaktiven Markern am Ethanol konnten sie zeigen, dass die Pflanzen ihre „Dürre-Gene“ aktivieren, noch bevor ihnen das Wasser fehlt. Dadurch können sie sich auf den Flüssigkeitsmangel vorbereiten.

Ganze 75 Prozent der mit Ethanol behandelten Pflanzen konnten der zweiwöchigen Dürre widerstehen, während weniger als fünf Prozent der unbehandelten Pflanzen überlebten. „Wir denken, dass die Behandlung von Getreidepflanzen mit Ethanol den Ertrag während einer Dürre erhöhen kann“, meint Hauptautor Motoaki Seki in einer Aussendung zur Studie.

Weitere Untersuchungen notwendig

Welchen Einfluss die Ausbringung von Ethanol auf großen landwirtschaftlichen Flächen für die Umwelt hätte, ist derzeit noch nicht geklärt. Wie viel Alkohol im Boden verbleibt und ob dadurch beispielsweise Mikroorganismen beeinflusst werden, „ist Gegenstand zukünftiger Forschung“, wie Motoaki Seki auf Anfrage erklärt. „Wir gehen aber davon aus, dass es für einige Mikroben sogar förderlich sein könnte“, meint Seki und verdeutlicht, dass nur sehr geringe Mengen Ethanol zum Einsatz kommen.

Fakt ist, dass die Pflanzen nicht den gesamten Alkohol aufnehmen – eine gewisse Menge verbleibt also in der Erde. Was das für Bodenqualität und Grundwasser bedeutet, haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei ihrem Experiment im Labor nicht untersucht.