Bei dem Fund handle es sich um den ältesten Nachweis von Chirurgie und erfolgreicher Nachbehandlung, berichtet ein Team um Tim Maloney von der Griffith University in Australien. Wer auch immer den Eingriff durchgeführt hat, müsse umfassendes Wissen über Gliedmaßen, Muskeln und Blutgefäße gehabt haben, schreiben die Fachleute im Fachmagazin „Nature“.
Saubere Schnittstelle
Entdeckt haben sie das Skelett in einer Höhle im östlichen und zu Indonesien gehörenden Teil von Borneo in Südostasien. Vor 30.000 Jahren lebten dort Jäger-und-Sammler-Kulturen. Bisher ging man davon aus, dass erst die späteren sesshaften Kulturen der Jungsteinzeit Ansätze von Chirurgie entwickelten, schreibt die Archäologin Charlotte Ann Roberts von der Durham University in einem „Nature“-Begleitkommentar.
So galt die Amputation eines Unterarms, die vor 7.000 Jahren in Frankreich gelang, als ältester Nachweis einer Operation. Offenbar war aber das Wissen der frühen Menschen auf Borneo bereits so fortgeschritten, dass die Amputation erfolgreich verlief. Die saubere Schnittstelle im unteren Drittel des linken Beins spricht dafür, dass es sich nicht um einen Unfall, eine Verletzung durch ein Tier oder eine Strafmaßnahme gehandelt hat. Ob es nach dem Eingriff zu einer Infektion kam, können die Fachleute nicht beantworten. Falls ja, war sie jedenfalls nicht schwer genug, um Spuren zu hinterlassen.
Vielleicht Langzeitbetreuung durch die Gruppe
Vermutlich war der oder die Amputierte – das Geschlecht konnte nicht ermittelt werden – zum Zeitpunkt der Operation noch ein Kind, lebte danach aber noch sechs bis neun Jahre lang, ehe es begraben wurde. Letzteres lasse darauf schließen, dass andere Menschen ihm oder ihr auch nach der Amputation halfen. In der rauen Berglandschaft Borneos war das Leben mit einem Bein sicher schwierig, es könnte also eine Art Langzeitbetreuung durch die Gruppe gegeben haben.
Das Skelett beweise, dass die Jäger und Sammler auf der Insel ein umfangreiches medizinisches Wissen entwickelt haben. Möglicherweise halfen pflanzliche Medikamente aus den Regenwäldern bei der Wundheilung und gegen Infektionen. Ob es sich bei der Operation um einen Einzelfall gehandelt oder ob die Kultur generell über außergewöhnliche Fertigkeiten verfügt hat, sei noch unklar. Ebenso, ob der oder die Amputierte nach dem Eingriff zu prähistorischen Krücken gegriffen hat.