Marc Abrahams, Zeremonienmeister der Ig-Nobelpreise-Verleihung
Michael Dwyer – AP
Michael Dwyer – AP
Ig-Nobelpreise

Verstopfte Skorpione und Crashtest-Elche

Skorpione mit Verstopfung, in Formation schwimmende Enten und Crashtest-Dummys in Gestalt von Elchen: Das sind einige der Forschungsfragen, die heuer mit den Ig-Nobelpreisen ausgezeichnet wurden – Studien, die „erst zum Lachen und dann zum Denken anregen“.

Wegen der Coronavirus-Pandemie wurde die traditionell schrille Gala in der Nacht zum Freitag bereits zum dritten Mal in Folge als reines Online-Event ausgerichtet. Die zum 32. Mal verliehenen undotierten Spaßpreise sollen nach Angaben der Veranstalter „das Ungewöhnliche feiern und das Fantasievolle ehren“.

So erhielten beispielsweise Wissenschaftler aus Brasilien und Kolumbien einen der zehn Preise für die Untersuchung der Frage, ob und wie Verstopfung die Paarungsaussichten von Skorpionen beeinflusst. Der Preis sei eine „große Ehre“, bedankten sich die Forscher während der vorab aufgezeichneten Veranstaltung – und demonstrierten das Erforschte anhand eines Stofftierskorpions.

„Fühle mich wie glückliche Ente“

Fachleuten aus China, Großbritannien, der Türkei und den USA wurde die Auszeichnung in der Kategorie „Physik“ verliehen – für ihren Versuch zu verstehen, wie junge Enten in Formation schwimmen. Die Entlein surften dabei quasi auf der von ihrer Mutter ausgelösten Welle, erklärten die Wissenschaftler in ihrer Dankesrede. „Ich fühle mich wie eine glückliche Ente“, kommentierte einer von ihnen mit Quietschente im Bild. „Lasst es mich euch allen sagen: Ihr macht nicht wirklich Wissenschaft, wenn ihr nicht Spaß dabei habt.“

Der schwedische Forscher Magnus Gens wurde für die Entwicklung eines Elch-Crashtest-Dummys ausgezeichnet. Er sei „ehrlich geehrt und stolz, diesen Preis zu bekommen“, sagte Gens. Bei seiner Forschung sei es vor allem darum gegangen, welche Auswirkungen der Zusammenstoß mit einem Elch auf ein Auto haben kann.

Synchronisierte Herzen Verliebter

Ein Team aus Tschechien, den Niederlanden, Großbritannien, Schweden und Aruba wurde ausgezeichnet, weil es Beweise dafür gesucht und gefunden hatten, dass die Herzfrequenzen von frisch verliebten Paaren sich angleichen, wenn sie sich zum ersten Mal treffen und zueinander hingezogen fühlen.

„Es gibt auch Forschung, die darauf hinweist, dass verheiratete Paare – in guten wie in schlechten Zeiten – ihre Herzschlagfrequenz synchronisieren“, sagte eine der beteiligten Wissenschaftlerinnen. „Die Menschen synchronisieren auf so vielen Ebenen, worüber sie sich nicht bewusst sind, und es beeinflusst die Entscheidungen, die sie treffen.“

Schwierige Gerichtsakten, Darmspülung der Maya

Forscherinnen und Forscher aus Kanada, den USA, Großbritannien und Australien erhielten einen Preis für die Analyse der Frage, was genau gerichtliche Dokumente so schwer verständlich macht. Dafür hätten sie unter anderem Gerichtsdokumente mit populären Büchern und Umgangssprache verglichen, sagten die Wissenschaftler.

Ein Team aus Japan wurde für die Suche nach dem effizientesten Weg ausgezeichnet, wie Menschen ihre Finger einsetzen können, wenn sie einen Knauf drehen. Ein anderes aus den Niederlanden und den USA beschäftigte sich mit „rituellen Darmspülungsszenen auf antiken Maya-Tonwaren“ – und wurden dafür ebenfalls geehrt.

Eiscreme, Glück und Klatsch

Fachleute aus Polen bekamen einen Preis für den Nachweis, dass Patienten, die sich einer bestimmten Form von Chemotherapie unterziehen, möglicherweise Nebenwirkungen wie Schwellungen am Mund ein wenig lindern können, indem sie Eiscreme lutschen – wo bisher beispielsweise unter anderem Eiswürfel gängige Praxis sind.

Forscher aus Italien – von denen zwei schon einmal einen Ig-Nobelpreis gewonnen hatten -, wurden geehrt für die mathematische Erklärung dafür, warum meist nicht die talentiertesten Menschen, sondern die mit dem meisten Glück Erfolg haben.

Forscherinnen und Forscher aus China, Ungarn, Kanada, den Niederlanden, Großbritannien, Italien, Australien, der Schweiz und den USA entwickelten einen ebenfalls ausgezeichneten Algorithmus, der den Verbreitern von Klatsch und Tratsch dabei helfen soll zu entscheiden, wann sie die Wahrheit sagen und wann sie lügen.

Klamauk diesmal online

Normalerweise verfolgen mehr als 1.000 Zuschauer die Gala live in einem Theater der Eliteuniversität Harvard. Aber auch bei der rund anderthalbstündigen Online-Preisverleihung, die diesmal unter dem Oberthema „Wissen“ stand, flogen Papierflieger, es gab Sketche, bizarre Kurzopern und noch viel mehr skurrilen Klamauk – beendet von den traditionellen Abschlussworten von Moderator Marc Abrahams, dem Herausgeber einer wissenschaftlichen Zeitschrift zu kurioser Forschung: „Wenn Sie dieses Jahr keinen Ig-Nobelpreis gewonnen haben, und besonders dann, wenn Sie einen gewonnen haben: mehr Glück im nächsten Jahr!“

Oberhummer-Award an Ig-Nobelpreis-Initiatoren

Angetan von den Ig-Nobelpreisen zeigt man sich auch in Österreich. So geht der siebente Heinz Oberhummer Award für „hervorragende Wissenschaftskommunikation“ an die Initiatoren des Ig-Nobelpreises. Bei einer Gala am 24. November in Wien wird Marc Abrahams auftreten.

Ebenfalls dabei werden heimische Ig-Nobel-Laureaten sein, darunter die Verhaltensbiologin Elisabeth Oberzaucher. Sie reüssierte 2015 beim Ig-Nobelpreis gemeinsam mit ihrem Kollegen Karl Grammer mit einer mathematischen Analyse darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen der marokkanische Herrscher Moulay Ismael (1634–1727), genannt der „Blutrünstige“, tatsächlich 888 Kinder gezeugt hat. Oberzaucher ist seit einigen Jahren Mitglied der Wissenschaftskabarettgruppe Science Busters, die wiederum den Oberhummer Award mit Partnern ins Leben gerufen hat.

Die seit 2016 vergebene und mit 20.000 Euro dotierte Auszeichnung ist nach dem 2015 verstorbenen Physiker und Kabarettisten Heinz Oberhummer benannt und soll Menschen anspornen, es Oberhummer gleichzutun und ihre Faszination an Wissenschaft mit einem großen Publikum zu teilen. Sie wird von seiner ehemaligen Kabarettgruppe Science Busters, der Universität Graz, der Technischen Universität (TU) Wien, dem ORF-Fernsehen, dem Radiosender FM4, der Stadt Wien und mehreren Ministerien vergeben.